So beeinflusst Corona das Leben in Alten- und Pflegeheimen

PK SOZIALMINISTERIUM "CORONA-UPDATE": ANSCHOBER
923 SARS-CoV-2-Infektionsfälle in heimischen Alten- und Pflegeheimen, 260 Bewohner starben. Im internationalen Vergleich hat Österreich niedrige Mortalität.

"Es gibt keine Änderung der Situation", schickt Gesundheitsminister Rudolf Anschober vor der Studienpräsentation  voraus. In den USA und vor allem Indien habe die Infektionszahl zugenommen. In Europa gebe es steigende Zahlen im Balkan, die den grünen Minister besorgen. 1.383 aktiv Erkrankte gibt es derzeit in Österreich, am Mittwoch (5.8.) weist die Statistik 77 Neuinfektionen auf.

"Wir sehen eine gewisse Problematik, die wieder im Enstehen ist in Spanien", sagt Anschober auf Nachfrage. Ob es zu einer Reisewarnung kommt, das werde mit dem Außenministerium evaluiert.

Der Reproduktionsfaktor, also wie viele Personen eine einzelne Person mit Covid-Infiziert, liegt derzeit in Österreich bei 1,01. Dezidiertes Ziel ist es, so Anschober, den Reproduktionsfaktor auf unter 1 zu bringen, denn "da gehören wir hin".

Einen starken Anstieg in den vergangenen Tagen gab es in der Altersgruppe der Jüngeren, so Anschober. Gleichzeitig sinke die Zahl der älteren Infizierten. Noch sei es allerdings zu früh zu sagen, ob Jugendliche ein zu geringes Problembewusstsein haben.

Die Schutzmaßnahmen hätten sich bewährt. Auch im Bereich der Alten- und Pflegeheime. Die vergleichsweise geringeren Infektionszahlen und vergleichsweise geringeren Mortalitätsraten stimmen Anschober zuversichtlich. Eine große Herausforderung sei für den Herbst aber die Bereitstellung von ausreichend Schutzbekleidung in Österreich.

1,3 Prozent der Pflegeheimbewohner waren mit Covid infiziert

Bis zum 22. Juni wurden 923 CoV2-Infektionsfälle in Alten- und Pflegeheimen erfasst, das entspricht 1,3 Prozent aller Bewohner der 930 Einrichtungen in Österreich. 260 Bewohner starben an Covid-19, dies entspricht einem Anteil von 36,8 Prozent aller an Covid-Verstorbenen in Österreich. "Es ist die empfindsamste und sensibelste Gruppe", sagt Anschober und spricht damit auch auf die Besuchseinschränkungen in der Corona-Krise an.

Im internationalen Vergleich hat Österreich erfreuliche Zahlen aufzuweisen. In Österreich gibt es 7,8 Todesfälle je 100.000 Einwohner. Zum Vergleich: In Belgien gab es im Vergleichszeitraum 84 Fälle je 100.000 Einwohner. Der EU-Schnitt lagt zum nämlichen Zeitpunkt bei 21,3 Todesfällen je 100.000 Einwohner.

Pflege: Anschober sieht Verbesserungsbedarf, Rendi Notstand drohen

"Potenzial nach oben" sieht Studienautorin Elisabeth Rappold bei der Aufklärungsarbeit in den Alten- und Pflegeheimen. Erschwerend komme in Alten- und Pflegeheimen hinzu, dass das Tragen des Mund-Nasen-Schutzes die Kommunikation mit Älteren insbesondere in Mitleidenschaft gezogen wird. Viel Kommunikation findet in Heimen auch ob Erkrankungen nonverbal statt. Das Tragen von Schutzausrüstung sei deshalb nicht zu unterschätzen, so Rappold. Die Expertin erinnert daran, dass bei einem etwaigen Infektionsfall die Pflegerinnen und Pfleger nicht nur einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen haben, sondern auch Schürzen, Haube und Handschuhe, um das Risiko bestmöglich zu minimieren.

"Wir brauchen eine 100 prozentige Abdeckung bei der Schutzausrüstung", sagt Rudolf Anschober. Eine Situation wie im Frühjahr 2020 dürfe sich nicht wiederholen.

Psychosoziale Folgen erforschen

Elisabeth Rappold fordert eine öffentliche Diskussion über die "Freiheit des Einzelnen und Schutz des Menschen vor Infektionen" - "um das Miteinander auch bei einem eventuellen Fall einer neuen Krise" zu gewährleisten. Die Expertin empfiehlt ob der Studienergebnisse: die Kooperation zwischen Dienstleistern zu verbessern, die Selbstbestimmung von Bewohnern zu stärken - ebenso wie Forschungsarbeiten zu Covid-19 mit dem Fokus auf psychosoziale Folgen zu fördern.

"Wie kann Pflege in Krisenzeiten funktionieren" - sei eine wesentliche Frage, der sich die Experten zu stellen haben, sagt Anschober auf Nachfrage. "Das soziale Empfinden, nicht Vereinsamen ist genau so wichtig wie der Pandemieschutz", erläutert Anschober. Es werde an einem Regelwerk gearbeitet, das auf Länderebene umzusetzen sein wird.

 

"Wir brauchen eine 100 prozentige Abdeckung bei der Schutzausrüstung."

von Gesundheitsminister Rudolf Anschober

Kommentare