Ein Dreikampf, den keiner wollte
Im Anschluss an die ORF-Sendereihe "Klingendes Österreich" sollten am Freitagnachmittag eineinhalb Stunden Dissonanzen das Programm von ORF 3 dominieren. Im Linzer Designcenter war im Vorfeld als erster Höhepunkt dieses Wahlkampfs eine Live-Übertragung angesagt: Die einzige Dreier-Konfrontation im TV zwischen SPÖ-Chef Christian Kern, ÖVP-Chef Sebastian Kurz und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache.
Allen drei Parteichefs werden ja Chancen auf den Kanzlersessel eingeräumt, in den Umfragen liegt der Bundesparteiobmann der Volkspartei konstant voran. Was Strache gleich infrage stellte: Auch seinem Bundespräsidentschaftskandidaten Norbert Hofer wurden 2016 nur geringe Chancen gegeben – und dann lag er nach dem ersten Wahldurchgang vorne.
Der erste und bislang einzige geplante mediale Dreikampf war allerdings keiner. Das lag wohl auch an der höflichen Diskussionsführung, die 100 Minuten lange Sensung wirkte eher wie drei Einzelinterviews. Allerdings wird dieser Wahlkampf nicht arm an TV-Duellen noch ausreichend Zeit und Gelegenheit zum Streiten sein.
Ausländerthema
Für den Politologen Fritz Plasser, der die "Diskussionsrunde" für den KURIER verfolgt hat, war vor allem das Thema der Migration, der Zuwanderung und der Asylfrage dominant. "Kurz und Strache haben dazu auch in fast allen anderen Sachfragen Bezug genommen. Kern hat das Thema am wenigsten angesprochen, dafür konnte er sich bei Sachfragen mehr auf die Fragestellung konzentrieren." Hier habe man bereits einen Ausblick bekommen, wie die TV-Duelle Kern gegen Kurz ablaufen könnten, die Parteichefs hätten sich nun klar positioniert. Wenig überraschend habe sich Kern vor allem als "kompetenter Kanzler" präsentiert. "Er wirkte wie ein Manager der Republik, der C.E.O. von Österreich", resümiert Plasser. "Jemand, der über viele unterschiedliche Politikfelder Bescheid weiß und sehr klare, teils vielleicht zu technische Antworten gegeben hat."
Sein Gegenüber Kurz habe – strategisch klug – gar nicht versucht, in einen Wettbewerb mit dem Kanzler zu treten oder ihm zu widersprechen. Plasser: "Er hat seinen eigenen Stil durchgezogen, Allrounder-Kompetenz bewiesen, ohne zu sehr wie Kern sachliche Detailfragen anzusprechen." Immer wieder habe er Migration und Zuwanderung und die veränderte demografische Situation in Österreich angesprochen, und dazu Beispiele "sehr anschaulich und verständlich kommuniziert. Kurz wollte aufzeigen, wie man Probleme positiv und konstruktiv lösen kann." Für Plasser seien Kerns Beispiele "deutlich abstrakter gewesen, sie waren vielleicht nicht für alle Zuseher so einfach nachvollziehbar."
Und FPÖ-Chef Strache? Positiv aufgefallen ist dem Politologen, dass er "deutlicher vitaler als in den vergangenen Wochen" aufgetreten sei. "Er wirkte richtig revitalisiert, dabei aber nicht angespannt oder verkrampft, sondern mit einer bestimmten Gelassenheit." Auffällig seien "kleine Infights" mit ÖVP-Chef Kurz gewesen, dem er mehrfach unterstellte, ein "Fan von mir" zu sein, weil er auch Straches Sicht FPÖ-Positionen übernommen habe. "Aber auch das verlief ohne Verletzungen und ohne Bitternis, vielmehr mit Heiterkeit und ein wenig Ironie."
Strache habe "natürlich" am häufigsten das Ausländerthema angesprochen. "Das war ja nun nicht wirklich verwunderlich", so der Professor. Was auffällig gewesen sei: Strache sei im Vergleich zu den anderen beiden Parteichefs am wenigsten ins Detail gegangen. "So auch beim Steuer- oder Wirtschaftsthema, und das hat mich schon ein weniger verwundert, denn Strache hat ja erst vor wenigen Tagen sein blaues Wirtschaftsprogramm präsentiert. Da hätte ich mir schon erwartet, dass er die Gelegenheit nutzt , um wesentliche Punkte hervorzuheben.
Kern wiederum hatte offensichtlich die Strategie, die SPÖ-Themen wie die soziale Gerechtigkeit und die Alltagssorgen der Menschen in den Vordergrund zu stellen.
Fazit des renommierten Politologen: Sonst klassische Wahlkampfthemen wie Arbeitsplätze, Wirtschaftswachstum oder Entlastung spielten nur eine untergeordnete Rolle. Das Migrationsthema dominierte: "Das besetzt laut Umfragen aber ÖVP-Chef Kurz am besten."
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