Software gegen Schurkenstaaten: Die neue Welt des Sebastian Kurz

Sebastian Kurz, Shalev Hulio
Der Ex-Kanzler erklärte am Montag in Wien, was genau sein Unternehmen macht, das mehr als eine Milliarde Dollar wert ist.

Der Treffpunkt: ein Sitzungszimmer im ersten Stock eines Wiener Fünfstern-Hotels. Im Regal liegen schwere Bildbände mit gediegenen Namen wie "Cabinet of Curiosities"; auf dem Tisch sind in Leder gebundene Notizbücher drapiert, am Stirnende: ein großer Bildschirm. "Tel Aviv - Vienna - Abu Dhabi" steht auf dem Aufsteller hinter Ex-Kanzler Sebastian Kurz. Das ist nun also sein Radius, seine Welt: Europa und der Nahe Osten. 

"Dream Security" heißt die Firma, die Kurz mit einem Kompagnon Anfang 2023 gegründet hat. 100 Millionen Euro setzt man derzeit um, von 200 Mitarbeitern ist die Rede - Tendenz stark steigend. Und nach dem Einstieg eines US-Investors wird der Wert des Unternehmens heute mit etwas mehr als einer Milliarde Dollar (!) beziffert. Die 15 Prozent, die der Ex-Kanzler an dem Unternehmen hält, sind demnach mehr als nur eine stattliche Anlage.

Was macht das Unternehmen so wertvoll? Was tut Dream überhaupt?

Genau das erklärt Kurz mit Co-Gründer Shalev Hulio bei dem Treffen. "Es gibt 3.500 Cybersecurity-Unternehmen, die sich auf kleine und mittlere Unternehmen spezialisiert haben", sagt Hulio. "Aber keine Firma kümmert sich um die kritische Infrastruktur eines Staates."

KI gegen Schurkenstaaten

Wechselnd auf Englisch und auf Deutsch beschreiben Kurz und sein Kompagnon mit ein paar Animationen auf der Video-Wand den Zweck von Dream. Eigentlich ist es nicht so kompliziert: Eine speziell entwickelte Künstliche Intelligenz denkt wie angreifende Schurkenstaaten.

"Es gibt nur zwei Gründe für einen Cyberangriff. Man will Daten stehlen oder man will etwas zerstören oder die Infrastruktur lahmlegen", sagt Hulio, dessen Namen man aus einem anderen Zusammenhang kennt: 2010 hat der Israeli die NSO Group gegründet. NSO war eigentlich ein ziviles Unterfangen. Man wollte Telekom-Unternehmen helfen, Smartphones übers Internet zu warten. Das interessierte Europas Nachrichtendienste. 

"Sie haben zu uns gesagt: Ihr könnte Leben retten - und das haben wir auch getan." NSO entwickelte Pegasus, eine Spionage-Software. Und die geriet irgendwann ziemlich in die Kritik, weil sie nicht nur zur Überwachung von Terroristen, sondern auch von Aktivisten, Journalisten und Politikern verwendet wurde. In Spanien ermittelt die Justiz gegen Hulio, 2022 stieg er aus NSO aus.

Aber das ist hier und heute weit weg. Heute geht es um die Sicherheit von demokratischen Staaten. Und damit man die Sache besser versteht, verwendet Sebastian Kurz ein Beispiel: "In großen und verflochtenen Organisationen ist oft nicht klar, wie die Strukturen im Detail aussehen und wer Zugriff auf sensible Daten hat. Natürlich kann man mit entsprechendem Aufwand die Organisationsstrukturen nachzeichnen. Allerdings braucht man dafür Zeit und Manpower. Unsere Software hilft, all das deutlich abzukürzen und zu vereinfachen. Und das, ohne sie direkt im System zu installieren oder Zugriff auf die schützenswerten Daten zu bekommen."

Partner für Staat Österreich?

Ist "Dream Security" ein möglicher Partner für Österreichs Verwaltung? Gerhard Karner hat diesbezüglich von "unseriösen Spekulationen" gesprochen. 

Das ist kein klares Nein, aber möglicherweise hat Kurz ohnehin keine Lust, mit dem Bund zu kooperieren. Ein Ex-Kanzler, der mit einer ÖVP-geführten Regierung einen Vertrag über die Cybersicherheit von Ministerien abschließt? Das klingt nachgerade wie die Einladung für einen U-Ausschuss. Und man muss den Ex-Kanzler nicht besonders gut kennen, um zu wissen: Auf wenig hat der frühere Regierungschef weniger Lust als auf neuerliche Gast-Auftritte in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen.

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