Causa "Familienbonus": Warum Kurz auf Einstellung der Ermittlungen drängt

Der ehemalige Bundeskanzler Sebastian Kurz während einer Pressekonferenz.
Die WKStA hat Ermittlungen gegen die Stadt Wien eingestellt. Könnte das wegweisend für einen anderen Fall sein?

In der Pandemie hat die Stadt Wien unter anderem den damals eingeführten Gastrogutschein mit Inseraten beworben. Nach mehreren anonymen Anzeigen, in denen die Sinnhaftigkeit der Inserate bezweifelt wurde, leitete die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) eine Überprüfung des Verdachts der Untreue ein. 

Diese ist eingestellt worden, das gab die Behörde Mitte September bekannt. Einschaltungen eines Rechtsträgers sind zur Deckung eines konkreten Informationsbedürfnisses der Allgemeinheit zulässig – und das sei gegeben gewesen. Der "Grundsatz der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der staatlichen Verwaltung" sei nicht verletzt worden.

Ermittlungen in Causa "Familienbonus"

Könnte das Vorgehen der WKStA in der Wien-Causa auch für einen anderen Fall beispielgebend sein? Das wird zumindest im Umfeld von Ex-Kanzler Sebastian Kurz und weiterer Beschuldigter in einer anderen Causa so gesehen: Und zwar im Zusammenhang mit den WKStA-Ermittlungen zum "Familienbonus Plus". Dieser galt 2018 als eines der wichtigsten Projekte der damals türkis-blauen Regierung, dementsprechend wurde er beworben.

Aus Sicht der WKStA sei die Kampagne zwar teils geeignet gewesen, um die Allgemeinheit über den Familienbonus zu informieren. Gleichzeitig vermutet sie, dass die Beschuldigten in erster Linie ihren politischen Erfolg vermarkten wollten. Abgesehen davon habe es ohnehin eine breite Medieninformation gegeben, ein Großteil der Inserate habe aus Sicht der Staatsanwaltschaft keinen Nutzen gehabt.

Besseres Preis-Leistungs-Verhältnis?

Kurz-Anwalt Otto Dietrich meint gegenüber dem KURIER: "Gleiches muss gleich behandelt werden. Wenn der Wiener Gastrogutschein ein öffentliches Informationsbedürfnis erfüllt, dann gilt das umso mehr für die Inserate des Finanzministeriums, insbesondere den Familienbonus Plus. Es wäre also nur konsequent, wenn auch diese Ermittlungen eingestellt werden."

Zwei Gründe könnten für diese Argumentation sprechen. Erstens: Während der Gutschein automatisch per Postwurfsendung an alle Haushalte ging, musste der "Familienbonus Plus" aktiv beantragt werden. Insofern sei beim Familienbonus erst recht die breite Information der Bevölkerung entscheidend gewesen.

Zweitens, darauf verweisen auch die Vertreter der Kurz-Seite, sei das Verhältnis zwischen Inseratenkosten und der Leistung für Bürger beim Familienbonus deutlich besser. Während das Finanzministerium 2018 für Inserate 3,7 Millionen Euro ausgab, schüttete der Staat 1,5 Milliarden an Leistungen aus. Wien gab zwar "nur" 2,4 Millionen Euro für Inserate zur Bewerbung des Gastrogutscheins aus, es seien aber auch nur 26,2 Millionen Euro und damit deutlich weniger Geld ausgeschüttet worden.

WKStA: Fälle nicht vergleichbar

Zur Einordnung: Die Inserate zum Familienbonus sind ein Aspekt in der sogenannten "Inseratencausa", in der die WKStA seit Oktober 2021 umfangreiche Ermittlungen führt - gegen den damaligen Kanzler Kurz und dessen Umfeld, Personen aus dem Finanzministerium und die ÖVP als Verband. Demnach soll Geld aus dem Finanzministerium verwendet worden sein, um ÖVP-freundliche Berichterstattung im Boulevard zu "kaufen" und frisierte Umfragen zu platzieren. 

Auf Nachfrage bei der WKStA heißt es, die Fälle ließen sich nicht vergleichen. Es gehe bei zwar beiden um Inserate, da enden aber auch schon die Gemeinsamkeiten. Im Übrigen wird darauf verwiesen, dass in der Inseratenaffäre der Tatverdacht von der oberen Instanz, dem Oberlandesgericht, bestätigt worden sei. 

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