Schwerer Verdacht: Hat Kickl Anzeige gegen FPÖ lanciert?
Anonyme Anzeigen gehören in Österreich längst zum innenpolitischen Tagesgeschäft – siehe U-Ausschuss. Dass sie auch gegen die eigenen Reihen eingesetzt werden, stellt aber eine neue Qualität dar. So geschehen in der FPÖ, in der es nun gewaltig rumort.
Am Donnerstag gab Ex-Abgeordneter Hans-Jörg Jenewein plötzlich seinen Parteiaustritt bekannt. Der in der Wiener FPÖ verwurzelte Jenewein war zuletzt im Klub der blauen Bundespartei tätig.
Anonyme Anzeige
Was war passiert? Vergangenen September fand bei Jenewein eine Hausdurchsuchung statt. Die Staatsanwaltschaft Wien vermutete, dass es zwischen Jenewein und dem ehemaligen BVT-Beamten Egisto Ott zum Austausch vertraulicher Informationen und Geldflüssen kam. Beide bestreiten das.
Bei der Hausdurchsuchung wurde unter anderem Jeneweins Handy beschlagnahmt. Auf diesem fanden die Ermittler den Entwurf einer anonymen Anzeige. Darin geht es um den Missbrauch von Fördermitteln durch freiheitliche Vereine. Die Anzeige richtet sich gegen die FPÖ-Landespartei Wien und aktive sowie einstige FPÖ-Spitzen – darunter Ex-Vizekanzler Heinz-Christian Strache und FPÖ-Wien-Chef Dominik Nepp.
Die Ermittler vermuten, dass Jenewein Autor der Anzeige ist – die dann wenige Wochen später anonym eingebracht worden ist. Das wurde bei einer routinemäßigen Einsicht des FPÖ-Anwalts im Akt zur Spesen-Affäre nun auch innerhalb der FPÖ bekannt.
Kickls Intimus
Jeneweins Parteiaustritt war die logische Konsequenz. Politisch noch brisanter: Die Wiener FPÖ vermutet laut gut informierten Kreisen FPÖ-Parteichef Herbert Kickl hinter der Anzeige. Es sei nicht von der Hand zu weisen, dass Kickl mit der Anzeige in Verbindung stehe oder zumindest darüber informiert gewesen sei, heißt es zum KURIER. Ein Alleingang Jeneweins – ohne Aussicht auf eine Gegenleistung – schließen Insider aus: „Was hätte er davon gehabt?“ Jenewein „hat immer zu 100 Prozent das erfüllt, was ihm von Kickl angeschafft worden ist“, bestätigt ein Funktionär.
Kickls Umfeld bestreitet die Gerüchte vehement. Jenewein habe den FPÖ-Klub unverzüglich verlassen müssen, nachdem bekannt geworden war, dass er hinter der Anzeige stecken soll. Wann genau, wollte man mit Verweis auf „personenbezogene Daten“ nicht preisgeben. Dass Kickl und Nepp einander nicht immer wohlgesonnen waren, ist kein Geheimnis. Die Wiener Partei wollte Kickls Parteilinie nicht um jeden Preis umsetzen. Dem Bundesparteiobmann wiederum soll Dominik Nepp ein Dorn im Auge sein.
Und was sagt Jenewein? Er hat vorerst auf Anrufe nicht reagiert. Seine Schwester, die Nationalratsabgeordnete und Kickl-Vertraute Dagmar Belakowitsch, die ebenso wie ihr Bruder in der Wiener FPÖ verankert ist, soll intern glaubhaft vermittelt haben, dass sie in die Causa um die anonyme Anzeige nicht involviert ist.
Die inhaltlichen Vorwürfe der Anzeige wies FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz am Freitag zurück. Sämtliche Betroffene hätten nichts zu verbergen.
Ebenso spannend dürfte sein, was die Ermittler abseits der Anzeige auf Jeneweins Handy entdeckt haben. Vor wenigen Wochen wurde etwa eine mutmaßlich von Jenewein heimlich erstellte Tonbandaufnahme publik, die Kickl im Zusammenhang mit FPÖ-nahen Vereinen belasten soll. Die WKStA ermittelt.
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