Turbulenzen in der FPÖ: Jenewein Rauswurf nach Anzeige gegen eigene Partei

Sein Name war nach kurzer Zeit verschwunden. Anstelle der Kurzbeschreibung von Hans Jörg Jenewein erscheint nun eine Fehlermeldung auf der Website der Wiener FPÖ-Landesgruppe. Jenewein gab am Donnerstag seinen Austritt aus der FPÖ bekannt.
Der ehemalige blaue Nationalratsabgeordnete und Bruder von FPÖ-Mandatarin Dagmar Belakowitsch, war zuletzt in der Wiener Ländergruppe tätig. Bereits vor seinem Austritt war Jenewein in der FPÖ einige Male in die Kritik geraten. Nun soll ein parteiinterner Konflikt in der Wiener FPÖ zu Jeneweins Parteiaustritt geführt haben.
Kolportierter Grund soll eine aufsehenerregende Tonaufnahme sein. Angeblich soll Jenewein ein Treffen mit seinem damaligen FPÖ-Parteikollegen Markus Tschank und Sigma-Chef Markus Braun heimlich aufgezeichnet haben.
Brisant ist das, weil das aufgezeichnete Gespräch den Verdacht nahelegt, dass FPÖ-Chef Herbert Kickl in eine Konstruktion von parteinahen Vereinen involviert war, zu der die WKStA ermittelte. Tschank soll in dieser Aufzeichnung berichtet haben, er habe sich 2015 mit Kickl in dessen Büro getroffen. Kickl habe auch den Vereinsnamen „Austria in Motion“ konzipiert. Die WKStA hatte schon im Nachhall des Ibiza-Videos Ermittlungen wegen des Verdachts verdeckter Parteispenden aufgenommen – diese wurden teilweise wieder eingestellt.
Das soll aber nur der vorgeschobene und nicht der wahre Grund dafür sein, warum Jenewein nicht mehr Teil der „Freiheitlichen Familie“ ist. Wie der KURIER aus FPÖ-Kreisen erfuhr, geht es vielmehr um einen bislang noch nicht an die Öffentlichkeit gelangten Fund bei einer Hausdurchsuchung bei Jenewein.
Die Hausdurchsuchung fand im Zusammenhang mit der Causa rund um den Ex-BVT-Mitarbeiter Egisto Ott im September 2021 statt. Die Staatsanwaltschaft vermutet in diesem Kontext, dass der Ex-BVT-Mann Ott Jenewein im Austausch gegen Geld Informationen zugespielt habe.
Jeneweins Anwalt sagte damals gegenüber der „ZiB2“, Jenewein habe Ott „in keinem Fall zu irgendwelchen Straftaten“ bestimmt. Zudem sei es „zu keinem Zeitpunkt zu Geldflüssen“ zwischen Jenewein und Ott gekommen.
Jeneweins Entwurf
Bei eben jener Hausdurchsuchung soll aber ein Smartphone sichergestellt worden sein, auf dem sich ein für die Wiener FPÖ brisantes Dokument befunden habe: Demnach soll Jenewein im Besitz eines Entwurfs für eine Anzeige gegen die Wiener FPÖ gewesen sein. Tatsächlich soll wenige Wochen nach der Hausdurchsuchung genau diese Anzeige anonym gegen die Wiener FPÖ eingebracht worden sein. Jenewein soll die Wiener FPÖ über die Anzeige aber vorab nicht informiert haben.
Dubiose Anzeige
In der Anzeige dürfte es um die sogenannte Spenden Causa gehen. Der Wiener FPÖ wird darin der Missbrauch von Fördermitteln über freiheitliche Vereine vorgeworfen. Neben dem Ex-Freiheitlichen-Chef Heinz Christian Strache, Ex-Wiener Klubchef Johann Gudenus und den jetzigen FPÖ-Wien Chef Dominik Nepp soll die gesamte Landespartei in der Anzeige aufgelistet sein. Die Ermittler stellten nach einer Auswertung des digitalen Fußabdrucks in einem Bericht an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatswaltschaft (WKStA) fest, dass es "lebensfremd ist, dass Hans-Jörg Jenewein die Anzeige nicht selbst geschrieben hat", zitiert die Kronen Zeitung. Ein Sprecher der FPÖ Wien sagte auf APA-Anfrage, es handle sich bei der Anzeige um Dinge, "die dem Untersuchungsausschuss längst vorliegen" und die lediglich ein "Copy-Paste" seien. "Bei dieser Anzeige handelt es sich um abstruse Vorwürfe, die schon längst widerlegt und großteils eingestellt sind."
FPÖ-Nationalratsabgeordneter Michael Schnedlitz weist in einer Aussendung die Vorwürfe der Anzeige von der Partei. "Sämtliche Betroffene hätten nichts zu verbergen und seien daher an einer raschen Klärung durch die Ermittlungsbehörden und dem damit verbundenen Nachweis ihrer Unschuld höchst interessiert", heißt es in darin.
Kickl will nichts gewusst haben
Die Information von der Beteiligung Jeneweins dürfte erst jetzt im Zuge der Ermittlungen zur Causa Ott innerhalb der FPÖ aufgeschlagen sein. Der Freiheitliche Parlamentsklub habe "bereits die erforderlichen dienstrechtlichen Konsequenzen gezogen",so Schnedlitz in der Aussendung. Die Sprecherin von FPÖ-Chef Herbert Kickl lässt wissen, dass Kickl "sowohl über das Faktum als auch über den Inhalt der Anzeige gegen Vertreter der Wiener FPÖ, sowie über die mutmaßliche Mitwirkung eines ehemaligen Wiener Abgeordneten und Bundesrats an dieser Anzeige erst vor wenigen Tagen in Kenntnis gesetzt worden. Die diesbezügliche Information ist nach einer routinemäßigen Akteneinsicht des FPÖ-Anwalts erfolgt.“
Jenewein, der nach seinem Abzug von BVT-U-Ausschuss abgezogen wurde, war Mitarbeiter im freiheitlichen Parlamentsklub und wurde dem Vernehmen nach kurz vor seinem Parteiausstritt entlassen.
Kickl habe „als Obmann des Freiheitlichen Parlamentsklubs den zuständigen Klubdirektor angewiesen, dienstrechtliche Schritte gegen den betreffenden Mitarbeiter zu prüfen und einzuleiten. Dies ist mittlerweile erfolgt“. Die Bundes-FPÖ gehe davon aus, „dass sich die in dieser Anzeige erhobenen Vorwürfe gegen Vertreter der FPÖ Wien als haltlos erweisen werden.“
Unklar ist: Ist der Ex-Wiener Freiheitliche Jenewein der Verfasser einer anonymen Anzeige gegen seine eigene Landesgruppe? Hat er die Anzeige eingebracht und wusste Kickl vielleicht doch um die Anzeige gegen die Wiener FPÖ? Jenewein war am Donnerstag nicht für eine Stellungnahme erreichbar.
Von Juli bis Oktober 2013 sowie von November 2017 bis Oktober 2019 war er FPÖ-Nationalratsabgeordneter. Von November 2010 bis Mitte 2013 sowie Oktober 2013 bis November 2017 saß er im Bundesrat. Zu seinem politischen Karrierehöhepunkt fungierte er als FPÖ-Mediensprecher der türkis-blauen Regierung.
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