Sicherungshaft: Regierung bot SPÖ und Neos konkrete Gespräche an

Kickl, Strache, Kurz, Moser und Edtstadler bei "Sicherheitsgipfel" der Regierung
Verhandlungsangebot an Oppositionsparteien, Richter, Anwälte und Verfassungsrechtler bleiben skeptisch.

Die von der Regierung geplante Sicherungshaft bleibt höchst umstritten. Verfassungsrechtler, Richter und Anwälte äußerten auch am Donnerstag schwere Bedenken über die türkis-blauen Pläne, gefährliche Asylwerber in Haft zu nehmen, schon bevor sie möglicherweise eine konkrete Straftat begehen.

Unterdessen haben die Klubchefs von ÖVP und Freiheitlichen ihre Einladung an die Opposition zu einem Gespräch in Sachen Sicherungshaft ausgesendet. Konkret werden SPÖ-Vorsitzende Pamela Rendi-Wagner und NEOS-Klubobfrau Beate Meinl-Reisinger von August Wöginger (ÖVP) und Walter Rosenkranz (FPÖ) für kommenden Donnerstag zu einer Verhandlungsrunde gebeten..

Zwickmühle

Rote und Pinke kommen damit aber in die Zwickmühle. Gehen sie auf die Verhandlungen ein, sind sie sozusagen genau dort, wo sie die Regierung verhandlungstaktisch haben will. Verhandeln sie nicht mit ÖVP und FPÖ, können ihnen die Regierungsparteien Blockadehaltung und Gesprächsverweigerung zum Schaden der Bevölkerung vorwerfen.

Beide Fraktionen haben bereits zugesichert, an Gesprächen teilzunehmen, jedoch grundsätzliche Skepsis betont. Einerseits will man einmal einen konkreten Gesetzesentwurf sehen, andererseits soll der Anlassfall zunächst aufgeklärt werden. In Dornbirn hatte ja ein vorbestrafter Asylwerber einen Beamten getötet. Die Opposition vermutet, dass der Mann schon bei den jetzigen rechtlichen Rahmenbedingungen in Gewahrsam genommen hätte werden können. Das Innenministerium bestreitet dies. Rechtsexperten vertreten unterschiedliche Meinungen.

ÖVP-Appell an Rot und Pink

Wöginger appellierte bereits am Donnerstag an SPÖ und NEOS, "hier gemeinsam eine gesetzliche Regelung zu finden, um einerseits dem Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung Rechnung zu tragen und andererseits die größtmögliche Gewährleistung der Grund-und Freiheitsrechte sicherzustellen".

 Am Vortag hatte die Regierung ja ihr Vorhaben vorgestellt. Demnach soll in der Verfassung die Möglichkeit einer Sicherungshaft geschaffen werden. Ein Verwaltungsrichter soll dann innerhalb von zwei Tagen entscheiden, ob diese legitim ist. Betroffen wären Asylwerber, die eine erhebliche Gefahr darstellen. Schon der Vertreter der Verwaltungsrichter äußerte im Ö1-"Mittagsjournal" Skepsis, würden die Juristen doch möglicherweise gar nicht Einsicht in alle relevanten Dokumente erhalten, da diese der nationalen Sicherheit unterliegen würden.

Rechtsanwälte: "Brandgefährlich"

Auch die Vorsitzende der Richtervereinigung Sabine Matejka winkte ab. Sie befürchtet gegenüber der APA, dass die Regierung die Grundlage für weitergehende Eingriffe in die Freiheitsrechte über Asylwerber hinaus schaffen will. Der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, hält die Präventivhaft-Pläne gar für "brandgefährlich". Er geht davon aus, dass die derzeitigen Möglichkeiten - also einerseits die Untersuchungshaft bei konkretem Tatverdacht und andererseits die Möglichkeit der Unterbringung von geistig beeinträchtigten Menschen, die gefährlich sind - ausreichen.

Justizminister Josef Moser (ÖVP) wies Kritik zurück. Seine Sprecherin betonte, dass keine weiteren Gruppen von der Sicherungshaft betroffen sein würden. Eingebaut werden soll die neue Haft nämlich in die Schubhaft-Grundlage, die ja letztlich nur von Abschiebung bedrohte Flüchtlinge betrifft.

"Köpfe abschneiden" schlecht gewähltes Beispiel

Aus verfassungsrechtlicher Sicht äußerten ungeachtet dessen diverse Experten Bedenken. Wie stelle der Richter fest, ob jemand gefährlich sei, fragt etwa Verfassungsrechtler Heinz Mayer und betont: "Es gibt aus gutem Grund keine Haft auf Verdacht."

Was bisher vorgetragen wurde, begeistert auch seinen Kollegen Theo Öhlinger wenig. Das beginne bei einem schlecht gewählten Begriff und höre bei Aussagen wie jener des Innenministers auf, dass etwa jemand ein Fall für die Sicherungshaft sei, der ankündige, "alle Köpfe abschneiden zu wollen". Denn dies werde wohl kaum ein Asylwerber sagen, wenn er nach Österreich komme.

Notwendig sei jedenfalls nicht nur verfassungsrechtlich, sondern auch europarechtlich, dass ein substanzieller Verdacht auf strafbare Handlungen vorliege - entweder auf schon begangene oder konkret geplante. Dies müsste im Gesetz klar zum Ausdruck kommen. Bisher sei aber unklar, wie die Regierung zu formulieren gedenke. Daher verstehe er die Opposition, wenn sie nur über einen konkreten Text sprechen wolle.

Einen solchen könnte es allenfalls nächsten Donnerstag geben.

Justizminister Moser verteidigt Sicherungshaft

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