Schulreform: Morgen muss neuer ÖVP-Chef Kurz Farbe bekennen
Der designierte ÖVP-Chef macht sich rar. Sebastian Kurz will verhindern, allzu schnell in diesem langen Wahlkampf in innenpolitische Strudel hineingezogen zu werden, und nimmt lieber Termine außerhalb der Bundesgrenzen wahr. Seinen parteifreien Vizekanzler, Justizminister Wolfgang Brandstetter, lässt er dabei ordentlich im Regen stehen. Brandstetter wusste im Interview im Sonntag-KURIER keine Antwort, ob die Volkspartei das umfassende Reformpaket zur Schulautonomie überhaupt noch unterstützt. "Es gibt derzeit noch Verhandlungen", erklärte Brandstetter achselzuckend.
Das Problem von Sebastian Kurz ist, dass die Lehrergewerkschaft nicht "Njet" zu dem Reformpaket sagt. Bei einem klaren Nein hätte sich Kurz und die ÖVP hinter den Arbeitnehmervertretern verstecken können. Denn fünf Monate vor einer Bundeswahl wird kein Politiker offensiv gegen die Interessen der ÖVP-dominierten Lehrergewerkschaft auftreten.
Zugegeben, die Lehrergewerkschaft sagt zwar nicht Nein, aus vollem Herzen zustimmen will sie zur Stunde aber auch nicht. Immerhin, sagte Lehrergewerkschafter Paul Kimberger, konnten in der letzten Verhandlungsrunde vergangenen Donnerstag der Reform die letzten "Giftzähne" gezogen werden. Überraschend freundlich zeigte sich sogar AHS-Gewerkschafter Eckehart Quin nach der letzten Verhandlungsrunde, was sonst gar nicht seine Art ist: "Bei aller Kritik möchte ich festhalten, dass es manchmal zwar sehr harte und emotionale, aber konstruktive Verhandlungen waren", schreibt dieser in seinem Blog.
Morgen, Dienstag, hat Bundeskanzler Christian Kern alle Parteichefs geladen, um mögliche Mehrheiten für ausstehende Reformen zu finden. Spätestens dann muss klar sein, ob die ÖVP noch hinter dem Projekt steht, das maßgeblich den Federn von SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmid und ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer entstammt.
Gemeinsame Schule
Sollte sich die ÖVP zur Vaterschaft des Reformpaktes bekennen, ist dieses deshalb noch nicht fix. Finanzminister Schelling betonte in der ORF-Pressestunde, dass seiner Meinung nach alles von der nötigen Zweidrittelmehrheit abhänge – und nicht von der ÖVP. In Österreich sind Schulgesetze teils im Verfassungsrang, daher braucht es entweder die Zustimmung der Grünen oder der Blauen. Die FPÖ hat aber mehr oder minder abgesagt, auch, weil sie Kern jetzt keinen Reform-Erfolg mehr gönnen will.
Und Grünen-Bildungssprecher Walser hat klar gemacht, dass seine Partei bereit ist, das Paket scheitern zu lassen, sofern die ÖVP nicht ihren Widerstand zur Gemeinsamen Schule in ganz Vorarlberg aufgibt.
Die Bundes-ÖVP hat das bisher ausgeschlossen, doch Kurz hat sich als neuer Parteichef ausreichend Vollmachten geben lassen, und könnte diese Entscheidung theoretisch alleine revidieren.
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