Schulleiter haben künftig mehr das Sagen, Länder verlieren an Einfluss
Und sie bewegt sich doch, die Bildungsreform: Seit fast fünf Monaten ist SPÖ-Bildungsministerin Sonja Hammerschmied im Amt. Allzu viel über ihre konkreten Pläne hat sie in dieser Zeit nicht verraten. Doch heute, Dienstag, muss sie Farbe bekennen: Im Ministerrat wird sie zuerst ihren Regierungskollegen, dann der Öffentlichkeit ihre Reformpläne vorstellen. Zentrales Thema ihres Ministratsvortrags ist die Schulautonomie. Die ist zwar schon im November 2015 von ihrer Vorgängerin Gabriele Heinisch-Hosek versprochen worden, konkrete Ergebnisse gab es seither aber keine.
Soweit bekannt, soll die Selbstbestimmung der Schulen, respektive der Direktoren, massiv ausgebaut werden. Sie sollen freie Hand dabei bekommen, wer was wann und wie den Schülern beibringen soll.
Organisatorische Autonomie
Darunter fällt etwa die Frage, ab wann die Schule geöffnet haben soll, ab wann und wie lange unterrichtet werden soll, ob auch am Nachmittag die Schüler betreut oder gar unterrichtet werden; wie und ob Team-Teaching sinnvoll ist, und wie groß Klassen sein können. All das soll in die Hand der Schulleitung gelegt werden.
Finanzielle Autonomie
Die Schulleitung soll zumindest über einen kleinen Teil ihres Schulbudgets selbst bestimmen können, und dafür etwa Praktiker aus allen möglichen Bereichen des Arbeitslebens engagieren können.
Pädagogische Autonomie
Ob Jahrgangsübergreifend, in Klassenverbänden, mit Einzelcoaching oder außerhalb der Klassenzimmer: Wie unterrichtet wird, sollen die Direktoren und die Lehrer selbst entscheiden können.
Personelle Autonomie
Bis zuletzt umstritten, sollen die Direktoren weitgehend die neuen Lehrer selbst auswählen können. Die Behörden sollen nur mehr steuernd eingreifen können, damit abgelegene oder unattraktive Standorte nicht benachteiligt werden.
Damit einhergehen eine Reihe von Änderungen, um die Schulautonomie auch praktikabel zu machen: Fix sind etwa, dass mehrere Schulen zu "Schulclustern" zusammengefasst werden sollen. Ein Direktor soll bis zu acht Schulstandorte mit zumindest 200 bis 2000 Schülern leiten können. So können die teuren Kleinschulen am Land erhalten werden, die Ressourcen aber vom Direktor effektiver eingesetzt werden. Wie praktikabel das ist, wird sich zeigen.
Politisch spannend ist das Match Bund gegen Bundesländer. Das tobt seit fast hundert Jahren in Österreich, mit dem Effekt, dass der Bund grundsätzlich die Vorgaben macht, die Länder aber die Pflichtschulen ohne Einfluss vom Minoritenplatz managen. Diese Schulreform wird erstmals die Machtverhältnisse zugunsten des Bundes verschieben, der Einfluss der Landesverwaltung soll schwinden.
Mehr Macht beim Bund
Das lässt sich an drei Beispielen erläutern: Erstens soll die Kontrollebene, also die Schulinspektoren, dem Bundesministerium unterstellt werden. Bisher waren die Inspektoren de facto den Landesschulräten unterstellt.
Zweitens sollen die Pädagogischen Hochschulen, die für die Fort- und Weiterbildung der Lehrer und Direktoren zuständig sind, ebenfalls nicht mehr den Landesbehörden, sondern dem Bund unterstehen. De jure waren sie das schon, de facto aber im Einfluss de Landesschulräte.
Und drittens wird durch die geplante personelle Autonomie – Direktoren suchen sich Lehrer selbst aus – den Ländern ein wesentlicher Einfluss weggenommen – auch wenn in den Landeshauptstädten immer abgestritten wurde, darauf Einfluss zu nehmen.
Kommentare