Schlammschlacht in SPÖ über die hochroten Zahlen der Partei
Parteifinanzen sind eine Geheimwissenschaft, meist blicken nur die Experten durch. Wie zum Beweis streiten in der SPÖ der Ex-Chef und die aktuelle Chefin über nicht ganz unwesentliche Details wie den Schuldenstand der Partei.
Faktum ist: Die Bundes-SPÖ steht finanziell mit dem Rücken zur Wand. Sie muss ein Viertel der Mitarbeiter abbauen, Berater-Verträge kürzen, Dienstwägen verkaufen, Sachausgaben drastisch kürzen. Tirols Landesparteichef und bekennender Porsche-Fahrer Georg Dornauer spendet als „Sofortmaßnahme“ ein Monatsgehalt – aus „Solidarität“ mit den Mitarbeitern.
Ungeachtet solcher Aktionen wird in der SPÖ leidenschaftlich diskutiert, wie es soweit kommen konnte.
Kern an Rendi-Wagner
In einem Brief an den Parteivorstand macht Ex-SPÖ-Chef Christian Kern seinem Unmut über die „größten Feinde in den eigenen Reihen“ Luft. Er habe die Partei mit exakt 10,57 Millionen Euro an Schulden übergeben, also mit drei bis 3,5 Millionen weniger als nun von seiner Nachfolgerin Pamela Rendi-Wagner öffentlich genannt wurde.
Kern verteidigt sein politisches Erbe, erinnert an seine Sanierungsbemühungen und schimpft in Richtung Parteizentrale: „Viele Weichen waren für das neue Team an der Spitze gestellt, inklusive des Personals, das diesen Weg glaubwürdig vertreten hätte können. Man hat sich dann aber entschlossen, einen anderen Kurs einzuschlagen.“
Im Übrigen seien alle Zahlen im Parteivorstand bekannt gewesen. Kern: „Die Belege lassen sich in der Löwelstraße finden. Alles andere sind Rechtfertigungsversuche, die noch dazu im Gegensatz zur vollen Einhaltung des Sanierungskurses stehen, die die Parteiführung selbst im Parteivorstand vom 19.12.2018 berichtet hat.“
Rendi-Wagner an Kern
Der Konter kam rasch. Rendi-Wagner sagte, sie könne sich die Diskrepanz zu Kerns Angaben „nicht erklären“. Welche Verantwortung ihr Vorgänger an der Situation habe, beurteile sie aber nicht, weil sie „keine Vergangenheitsbewältigung“ betreiben wolle.
Das erledigten kurz danach SPÖ-Geschäftsführer Christian Deutsch und Parteikassier Christoph Matznetter. Selbstverständlich seien die von der Parteispitze genannten Zahlen „korrekt“, schreiben sie an Kern. Und bleiben dabei: Am 30. September 2018 hätten die SPÖ-Schulden 13,1 Mio. Euro betragen, zu Jahresende 2018 dann 14 Millionen. Die Differenz lasse sich u.a. mit der unterschiedlichen unterjährigen Ausnutzung der Kreditrahmen bei verschiedenen Banken erklären. Immer gegen Ende des Jahres steige der Schuldenstand der Partei wegen der laufenden Kosten wieder an.
Wörtlich heißt es: „Es ist natürlich anzuerkennen, dass auch Du (Kern, Anm.) Schulden übernommen hast und diese auch reduziert hast. Der Verkauf des Gartenhotel Altmannsdorf (6,3 Mio. Euro Einnahmen) hat wesentlich dazu beigetragen. Leider hast Du Dich bei uns nicht genau erkundigt, bevor Du an die Öffentlichkeit getreten bist.“
Sprung in die Gegenwart: Mittlerweile (Stand Dezember 2019) gibt die SPÖ ihren Schuldenstand mit 14,9 Millionen an. Auch das ist klärungsbedürftig, schließlich musste heuer ein Nationalratswahlkampf mit Kosten von geschätzten fünf Millionen Euro finanziert werden.
Weshalb die Schulden nur um 900.00 Euro gestiegen sein sollen, wird so erklärt: Noch sei der gesamte Wahlkampf gar nicht erfasst, dazu kämen Ausgaben der Vorfeldorganisationen, die die Parteischulden nicht erhöhen, aber auch zwischenzeitliche Kreditrückzahlungen und Einnahmen aus dem „Wahlfonds“ aus Mitgliedsbeiträgen.
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