Für Schnabl ist insbesondere die politische Perspektive der Partei mittlerweile ein akutes Problem, es gibt eine spürbare Entsolidarisierung der Funktionäre: „Bei der bevorstehenden Gemeinderatswahl in Niederösterreich distanzieren sich mehr und mehr Bürgermeister von der Partei und stellen stattdessen nur sich selbst in den Vordergrund. Ich beobachte das mit Sorge.“
Und nicht nur Schnabl.
De facto alles, was Parteichefin Pamela Rendi-Wagner und Bundesgeschäftsführer Christian Deutsch in den vergangenen 72 Stunden unternommen haben, sorgt in den Landesparteien für Unmut. „Wir wissen bis heute nicht, wie die Bundesparteiführung die Bewegung neu aufstellen will“, wettert ein Landesgeschäftsführer.
Jüngster Anlass für den Unmut ist das Timing am Dienstag. Dazu Schnabl: „Wir beantragen eine Sondersitzung zum Thema Casinos und melden am selben Tag 27 Parteimitarbeiter zur Kündigung an. Kein Wunder, dass in der Berichterstattung nichts über die aufklärungswürdigen Casinos steht. Hans Peter Doskozil hat Recht. Wir sind nicht nur nicht regierungs-, sondern auch nicht oppositionsfähig.“
Nicht oppositionsfähig? Das ist eine deutliche Kritik an der Parteiführung. Und in der Löwelstraße, dem Hauptsitz der SPÖ, steht Kritik am Spitzenduo Rendi-Wagner und Deutsch mittlerweile täglich auf dem Programm.
So traf sich am Mittwoch die ebenfalls in der Löwelstraße beheimatete Wiener SPÖ zur Krisensitzung. „Wir haben überlegt, wie man Mitarbeiter, die die Bundespartei kündigen muss, in der Landespartei weiter beschäftigen kann“, erzählt ein Sitzungsteilnehmer dem KURIER.
Rendi-Wagner und Deutsch seien für ihr Vorgehen erneut heftigst gescholten worden. „Da fielen Wörter wie ,unfähig’ und ,rücktrittsreif’“, erzählt der Sitzungsteilnehmer. „Und Landesgeschäftsführerin Barbara Novak (Vertraute des Wiener SPÖ-Chefs Ludwig) hat mit keiner Silbe versucht, die Spitze zu verteidigen.“
Vielleicht ist auch das nur ein Schlaglicht.
Turbulent wird es aber jedenfalls noch einmal, nämlich am 9. Dezember. An diesem Tag will Christian Deutsch dem Bundesparteivorstand erklären, wie es gelingen kann, dass die Partei handlungsfähig bleibt und 2025 schuldenfrei wird. Und bei dieser Gelegenheit werden er und die Bundesparteichefin wieder unter Beschuss stehen. Denn höchst umstrittene Berater-Verträge (ein früherer Kanzlersprecher wurde von Rendi-Wagner um monatlich 24.000 Euro beschäftigt) wurden nicht nur nicht gelöst, sondern – wenn auch mit reduziertem Tarif – bis Ende 2020 verlängert.
Mehrere Landesparteien wollen das nicht akzeptieren – zumal der Abschluss der Verträge nicht von der Parteiobfrau, sondern vom Vorstand hätte genehmigt werden müssen, wie man sagt.
Wie geht es weiter? In großen Landesorganisationen heißt es, eine Personaldebatte sei kein Thema. „Wenn es der Vorsitzenden gelingt, einen glaubwürdigen Reformprozess einzuleiten, dann kann sie sehr lange Vorsitzende bleiben“, sagt Schnabl. Der Nachgeschmack ist schal. Denn er sagt auch: „Noch ist die Trendwende aber leider nicht absehbar.“
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