Lachnummern im Wahlkampf

Die Vize-Generalsekretärin der CSU, Dorothee Bär, Frauenpolitische Sprecherin der Partei Die Linke, Yvonne Ploetz, der Stefan Raab, Linda Teutenberg, Mitglied des Bundesvorstandes der FDP, Kinder- und Familienpolitische Sprecherin von Bündnis 90/Die Grünen, Katja Dörner und der Musiker Olli Schulz sitzen am 17.03.2013 in Köln (Nordrhein-Westfalen) bei der Talkshow "Absolute Mehrheit" auf der Bühne. Foto: Henning Kaiser/dpa +++(c) dpa - Bildfunk+++
Nur wenige Politiker können in der Spaßmaschine der TV-Talks reüssieren

In Österreich regiert der nackte Wahlkampf-Wahnsinn. Mittelalterliche und alte Männer zeigen, was sie oberhalb der Gürtellinie zu bieten haben. Ein neuer Polit-Stil? Nein. Für Andreas Dörner vom Institut für Medienwissenschaft in Marburg (Deutschland) sind Oben-ohne-Inszenierungen à la Stronach und Strache längst passé. „Das soll Virilität signalisieren, seht her, ich bin unantastbar.“

In der deutschen Medienlandschaft setzt sich bereits, aus den USA kommend, ein neuer Politiker-Typus durch. Einer, der über seine Unzulänglichkeiten schmunzeln kann, der Fehler und Krankheiten einräumt. Wie die SPD-Minsterpräsidentin Hannelore Kraft, die über ihre Gluten-Allergie plaudert. Der Ort, an dem Politiker Persönliches diskutieren, sind Satire-Sendungen wie die „heute-show“ oder „Absolute Mehrheit“ auf Pro7, letztere moderiert vom Entertainer Stefan Raab. Inhalt der Sendung: Berufspolitiker werden zu einem ernsthaftes Thema befragt, am Ende stimmen die Zuschauer ab, wer am besten abgeschnitten hat.

Typisch für die Sendungen ist der schnelle Wechsel zwischen Seriosität und Gag. Ein Beispiel aus einer Diskussion über bedingungsloses Grundeinkommen: Raab fragt eine Vertreterin der Piratenpartei namens Cornelia Otto, ob Menschen mit 1000 € im Monat kreativer sind, als solche ohne Grundeinkommen (Video hier). Gelächter im Saal. Frau Otto gerät außer Tritt: „Es ist ja nicht gesagt, dass es 1000 € sind, das muss sich ja auch tragen. Wir sind visionär aber wir sind ja nicht dumm.“ Der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) sagte im Kabarett-Talk „Pelzig hält sich“ einmal: „Wissen Sie, wenn man gewählt ist, dann hat man nichts zu sagen, und die, die was zu sagen haben, die sind nicht gewählt“. In der klassischen TV-Konfrontation, in der Politiker ihre Botschaften an den Mann bringen wollen, kann man auf solche Aussagen lange warten. Dörner sieht das als Chance, auch für den Zuseher: „Die Politiker glauben zwar, dass sie Satire-Formate im Griff haben, aber unsere Forschungsergebnisse zeigen, dass sie sich auf ein Glatteis begeben, wo andere Dinge zur Sprache kommen.“ Die Grenze sei dort erreicht, wo es albern werde. Der Berliner Bezirksbürgermeister Heinz Buschkowsky warf dem Komiker Kurt Krömer 2010 eine Torte ins Gesicht, „da wird der Politiker zum Slapstick-Darsteller“.

Riskantes Investment

Warum lassen sich Angela Merkel und Peer Steinbrück dann auf ein TV-Duell mit Fragesteller Stefan Raab ein, der bekannt dafür ist, Witze auf Kosten anderer zu machen? Dörner: „Man kann das mit einem hochriskanten Investment vergleichen. Auftritte in Satire-Shows haben ein hohes Risiko. Man kann sich schnell im Ton vergreifen, weil man entweder zu lustig oder zu ernsthaft rüberkommt. Aber wenn es gelingt, dann hat man große Gewinne beim Publikum.“ Wenn es misslingt, ist das mühsam aufgebaute Image beim Teufel. Darum und weil es an entsprechenden TV-Formaten und -Moderatoren mangelt, wird in der österreichischen Politik noch länger alles beim Alten bleiben, sagt PR-Berater Rudolf Fußi.

The Daily Show

Mutter aller Satire-Talks

Das Vorbild aller erfolgreichen deutschen Polit-Shows wie etwa der „heute-show“ ist die Daily Show von Jon Stewart. Amtierende Präsidenten treten in der Sendung auf, um sich in kurzen Talk-Sequenzen zu bewähren. Selbst der begabte Rhetoriker Barack Obama hatte Startschwierigkeiten.

Sein allererster Auftritt bei Jon Stewart wurde damals von politischen Beobachtern als misslungen interpretiert. Barack Obama habe die Balance zwischen Lockerheit und Seriosität des Amtsträgers nicht „rübergebracht“.

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