"Rudolf Anschober zeigt, wie gutes Krisenmanagement funktioniert. Unaufgeregt, faktenbasiert", sagt Maria Pernegger.
Pernegger ist Geschäftsführerin der Marktforschungsagentur Media Affairs, die die Präsenz der Minister seit Regierungsantritt empirisch erhoben hat. Das Ergebnis: Abgesehen vom Kanzler und seinem Stellvertreter ist Anschober das mit Abstand präsenteste Regierungsmitglied.
"Sogar der Boulevard lobt ihn als ,Minister Cool’ oder ,Superminister’. Für einen Linken seines Zuschnitts ist das bemerkenswert."
Genau das hat sich mittlerweile ganz offensichtlich bis nach Deutschland durchgesprochen. Erst vor kurzem nannte die Welt Anschober den "Grünen, der Kurz die Schau stiehlt". Man kann sich vorstellen, wie solche Zuschreibungen beim Koalitionspartner ankommen.
Unbestritten ist, dass Anschober unter allen Grünen zu den intimsten Kennern der Volkspartei zählt.
Sein Vater war ÖVP-Stadtrat, der Bruder saß für die Volkspartei im Gemeinderat. 2003 wurde der in der Anti-Atom-Bewegung Sozialisierte in der österreichweit ersten schwarz-grünen Koalition Umweltlandesrat in OÖ – und blieb das immerhin 12 Jahre. "Rudi Anschober ist ein seriöser Arbeiter und ein leichter Workaholic. Das haben wir gemeinsam", sagt Josef Pühringer im KURIER-Gespräch. Der frühere ÖVP-Landeshauptmann war Anschobers Regierungspartner in der Koalition und lässt bis heute nichts über seinen Kompagnon kommen.
Konflikte? Klar gab es die. So hielt die ÖVP damals wenig bis gar nichts von Windkraftwerken. "Ich hab’ zu den Grünen gesagt, hört’s endlich auf mit euren Vogelhexler!", erinnert sich Pühringer. Die Auseinandersetzungen seien aber immer auf Augenhöhe und vor allem nicht öffentlich ausgetragen worden.
Für Pühringer ist Anschober "ein Meister der Öffentlichkeitsarbeit". "Er hat auch damals an einem Tag mehrere Pressekonferenzen untergebracht." Der ÖVP-Mann und frühere Religionslehrer meint das gar nicht despektierlich. Im Gegenteil: Pühringer attestiert dem Volksschullehrer Anschober eine Fähigkeit, die gute Pädagogen generell auszeichnet, nämlich: Dinge einfach und einprägsam zu erklären. In der gegenwärtigen Krise hofft er, dass der Totaleinsatz seines früheren Regierungspartners nicht zu lange dauert. Warum? "Weil es danach aussieht, als würde der Rudi über das ihm gut tuende Maß arbeiten."
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Hier ist man an einem ebenso spannenden wie heiklen Punkt, über den Anschober selbst ganz offen spricht. 2012 ist es ihm nämlich zu viel geworden. Er schlitterte ins Burnout, musste mehrere Monate lang pausieren und die Amtsgeschäfte an den Landeshauptmann übergeben.
In Anschobers Umfeld heißt es, er sei zwar weiterhin ehrgeizig und nichts sei ihm so zuwider wie sich in Sitzungen oder bei Auftritten zu blamieren – entsprechend sei die Vorbereitung. "Aber der Rudi hat gelernt, dass Kraft nicht unendlich vorhanden ist", sagt ein Vertrauter.
Vor einigen Wochen sagte Anschober zum KURIER, er nehme sich seit 2012 die Zeit, um morgens zu meditieren und laufen zu gehen.
Momentan werden im Team und in der Regierung mitunter 18 Stunden-Schichten geschoben. Montag bis Sonntag. Ob noch genug Zeit für Qui Gong bleibt? Es wäre Anschober jedenfalls zu wünschen.
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