Roter Charly denkt nicht ans Aufhören

Patrizia Haller im Gespräch mit Karl Blecha, Präsident des Pensionistenverband Österreich, im Zuge seines 80. Geburtstag
Karl Blecha will nach 65 Jahren in der Politik weiter mitmischen.

Sein Arbeitstag hat zehn Stunden, die Arbeitswoche oft sieben Tage. Er liest häufig bis drei Uhr früh Sachliteratur. Nachts sei auch die Versuchung sehr groß, sich im Internet über das zu informieren, was in den aktuellen Zeitungen steht, wie er sagt: Karl Blecha, seit 65 Jahren aktiv im politischen Geschäft – darunter Nationalrat, SPÖ-Zentralsekretär, Innenminister – und seit 1999 unentgeltlich wirkender Präsident des Österreichischen Pensionistenverbandes der SPÖ, wird am 16. April 80 Jahre alt.

Ans Aufhören hat er nie gedacht. „Ich bin seit meiner frühesten Jugend einer, der sich als Vertreter von Interessen seiner Mitmenschen einsetzt; erst als Schüler, dann als Student, dann für die Jungen und heute für die Senioren. Als Interessenvertreter gibt man seinen Mantel nicht an der Garderobe ab.“

Zum Denken bringen

Der Charly, wie ihn nicht nur Genossen nennen, ist ein Urgestein der SPÖ, einer, der ideologisch immer Farbe bekennt. Was ihn heute so antreibt, ist, wie sich der Kapitalismus seit dem Zusammenbruch des Kommunismus verändert hat. „Der Kapitalismus hat sich in einer rasanten Geschwindigkeit zu einem spekulativen Finanzkapitalismus entwickelt. Das Kapital wird dort eingesetzt, wo möglichst rasch der Profit maximiert wird. Das Geld wandert – und wir sind dieser Entwicklung hilflos ausgesetzt. Dass die Reichen immer reicher werden und die Armen immer ärmer, ist bewiesen. Das ist etwas, was mich sehr berührt – und wogegen man etwas machen muss.“ Das sei auch der Grund, warum er sich für das neue Parteiprogramm der SPÖ, das 2015 fertig sein soll, als einer der Koordinatoren engagiert. „Wir müssen uns mit der Gesellschaft, in der wir leben, sehr intensiv beschäftigen und die Leute zum Denken bringen. Wir müssen sehr offen und sehr breit mit vielen Menschen – ungeachtet von Alter, Ausbildung oder Parteizugehörigkeit – diskutieren. Wir müssen Möglichkeiten erarbeiten, wie wir Veränderungen praktisch umsetzen können.“ Die Jungen in der Partei danken es ihm. „Blecha ist ein inhaltliches Schwergewicht, was sozialdemokratische Politik betrifft. Und er macht viel für die Jungen“, urteilt Wolfgang Moitzi, der 29-jährige Vorsitzende der Sozialistischen Jugend.

Als inhaltliches Schwergewicht wird Blecha auch von ÖVP-Langzeit-Politiker Andreas Khol gesehen.

Kennengelernt haben sie einander durch einen Streit. Blecha war Ende der 1970er-Jahre für das damalige SPÖ-Programm verantwortlich. Das trug ihm von Khol die Kritik ein, „Marxismus mit Zuckerguss“ zu verfolgen. Blecha habe ihn daraufhin „hergewatscht“, erzählt Khol.

Von dieser Auseinandersetzung ist nichts geblieben. Seit zehn Jahren setzen sie sich im Seniorenrat gemeinsam für die Interessen der 2,2 Millionen Pensionisten ein. „Er ist unglaublich sachkundig, sehr engagiert und bienenfleißig“, schwärmt Khol. In all den Jahren „hat es bei uns keine einzige Trübung gegeben. Das kann man nicht von allen Parteifreunden sagen“, gesteht der Profi-Politiker.

Für Blecha gibt es nur einen Grund, sich zurückzuziehen: „Krankheit.“

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