Rot, aber beliebt: Wahlkampf mit dem burgenländischen SPÖ-Chef
Man muss in der Politik auch warten können. Niemand weiß das besser als Hans Peter Doskozil. Heute, im Eisenstädter Kulturzentrum, sind es genau 91 Minuten.
Der SPÖ-nahe Pensionistenverband feiert seinen 60. Geburtstag. Und bei so einer Gelegenheit wollen viele Redner sehr viel loswerden.
Gute eineinhalb Stunden dauert es also, bis der Landeshauptmann und SPÖ-Chef die Bühne erklimmt. Aber das ist für ihn in Ordnung. Denn das Auditorium ist ihm gewogen – wer anderes behauptet, hat die „Bravo“-Rufe und stehenden Ovationen beim Einzug übersehen. Und dass die WTO Big Band die Zuhörer vor der Rede noch mit alten Hadern wie „Hello Mary Lou“ positiv auflädt, ist wohl auch kein Schaden.
Massive Einschränkung
Hans Peter Doskozil ist im Wahlkampf. Und das ist in vielerlei Hinsicht eine Beobachtung wert.
Zum einen ist er einer der wenigen Spitzenpolitiker, die mit einer massiven Einschränkung vor die Wähler treten müssen: Noch immer ist Doskozils Stimme von zwei Operationen gezeichnet, sie klingt schwach und heiser.
Zum anderen sind auch jenseits der Landesgrenze viele Parteifreunde gespannt, wie der „Dosko“ am 26. Jänner abschneidet. Denn die Frage, welches Gewicht dem Burgenländer bei Grundsatz- oder Personaldebatten in der Sozialdemokratie zukommt, hängt nicht unwesentlich davon ab, welchen Zuspruch er am Wahlsonntag erhält.
Was die Prognosen angeht, müssen sich die Genossen im Burgenland derzeit keine Sorgen machen: In Umfragen hält die SPÖ bei bis zu 43 Prozent, sie wäre damit de facto doppelt so stark wie auf Bundesebene bzw. bei der Nationalratswahl. Und könnten die Burgenländer ihren Landeshauptmann direkt wählen, hätte Doskozil sogar Chancen auf mehr als 50 Prozent – eine „Absolute“.
Geschichten von damals
Aber wie tut er sich nun im Wahlkampf? Bei seinem Heimspiel im Eisenstädter Kulturzentrum braucht Hans Peter Doskozil vielleicht eine Minute, dann hat er die Zuhörer.
Seine Stimme? Nein, sie hat wahrlich nicht die Kraft eines Volkstribunen. Aber das spielt irgendwie keine Rolle. Im Saal ist es völlig still, man versteht den Landeshauptmann ganz ohne Mühe.
Vermutlich liegt das auch daran, dass der Polizist und Jurist mit einer Geschichte beginnt, die hier jeder versteht: Hans Peter Doskozil erzählt von seiner Großmutter. Er erzählt davon, wie er als Kind mit der Oma die großen Stars im Fernsehen schauen durfte. Einen Rudi Carrell, einen Heinz Conrads.
Jüngere Semester müssen diese Namen erst googeln. Aber hier, im Kulturzentrum, verstehen sie den SPÖ-Chef. Sie können nachvollziehen, warum er sich damals vor dem Fernseher geborgen gefühlt hat und jetzt hemdsärmelig über das Pflege-Thema spricht.
Ein Schuss ins rote Herz
Als Doskozil den 1.700-Euro Mindestlohn verteidigt, der seit 1. Jänner allen Landesbediensteten überwiesen wird, erntet er heftiges Nicken. Und als er sich über die Abschaffung der Hacklerregelung echauffiert und der Bundesregierung fehlende Bodenhaftung attestiert („Von denen kann sich keiner vorstellen, wie man mit 1.200 Euro eine Familie durchbringt!“), sind im Saal wieder „Bravo“-Rufe zu hören.
Später, als sich die Zuhörer beim Buffet ihre Sacherwürstel mit Senf und Kren holen, marschiert ein Genosse auf den Landesgeschäftsführer der SPÖ zu und sagt: „Gratuliere! Da Dosko hot mi heit wirklich ins Herz troffn mit seina Red.“
Der 26. Jänner wird zeigen, ob das die restlichen Wähler im Burgenland ähnlich sehen. Auch in der SPÖ wartet man gespannt.
Wird „Dosko“ versuchen, die Bundes-SPÖ mehr auf den burgenländischen Kurs einzuschwören? Bei einem triumphalen Sieg wäre das nur logisch, heißt es. Andererseits: Er kann ja auch warten, der Hans Peter Doskozil.
Kommentare