Richter äußern "Bedenken" gegen Jobausschreibung im Justizministerium

Bundesministerium für Justiz
Im Ministerium verteidigt man das Vorgehen, man habe bewusst offen ausgeschrieben.

Zusammenfassung

  • Richter- und Staatsanwaltschaftsvertretungen äußern Bedenken gegen eine Jobausschreibung im Justizministerium, die auch für Personen ohne justizielle Erfahrung offen ist.
  • Das Justizministerium verteidigt die offene Ausschreibung als notwendig für Positionen, die spezifische Fachexpertisen erfordern, die Richter:innen typischerweise nicht abdecken.
  • Standesvertretungen warnen vor einer Abkehr von der Hausstaatsanwält:innenlösung, was den fachlichen Austausch und die Unabhängigkeit im Rechtsstaat gefährden könnte.

Richter- und Staatsanwaltschaftsvertretungen äußern "Bedenken" gegen eine Jobausschreibung im Justizministerium. Grund dafür ist, dass die Stelle auch Personen offensteht, die keine Richter oder Staatsanwälte sind. 

Dies könne zu einer "Schwächung des bewährten Prinzips der 'fachlich-justiziellen Selbstverwaltung'" führen, heißt es in einem Schreiben, über das der Falter zuerst berichtete. Im Ministerium verteidigt man das Vorgehen, man habe bewusst offen ausgeschrieben.

Konkret geht es um die Leitung der aus einer bestehenden Abteilung anlässlich des In-Kraft-Tretens des Informationsfreiheitsgesetzes neu hervorgehenden Einheit Öffentliches Recht und Informationsmanagement. 

Diese soll unter anderem allgemeine Angelegenheiten des Verfassungs- und Verwaltungsrechts sowie des Informationsfreiheitsgesetzes bzw. die Zusammenarbeit mit Parlament und Ministerrat wahrnehmen. Laut Ausschreibung ist dafür ein abgeschlossenes rechtswissenschaftliches Studium sowie mehrjährige Erfahrung im Verwaltungsdienst Voraussetzung - nicht aber justizielle Erfahrung.

Standesvertretungen pochen auf"Haus-StA-Lösung"

Die Standesvertretungen der Richter und Staatsanwälte sehen darin eine "(weitere) Abkehr von der 'Haus-StA-Lösung'" (Hausstaatsanwält:innenlösung). Im Justizministerium ist ein Großteil der akademischen Stellen mit (dienstzugeteilten) Richterinnen und Staatsanwälten besetzt. Diese habe sich "aus gutem Grund etabliert", argumentieren die Vertretungen: 

"Sie gewährleistet den fachlichen Austausch, das gegenseitige Verständnis und trägt einem am Rechtsstaat und der richterlichen Unabhängigkeit orientierten Amtsverständnis Rechnung. Die bestehende Praxis einer Durchlässigkeit zwischen den Gerichten/Staatsanwaltschaften und dem Ministerium fördert Wissenstransfer, Vertrauen und trägt zur Qualität justizpolitischer Entscheidungen bei."

Für Ministerium nicht nachvollziehbar

Im Ministerium kann man die Bedenken nicht nachvollziehen. Genau diese "Haus-STA-Lösung" werde nicht in Frage gestellt, die ausgeschriebene Stelle betreffe die richterliche Selbstverwaltung nicht. 

Im Justizministerium gebe es eine Bandbreite an Aufgaben, die eine spezifische Fachexpertise benötigen, die durch Richterinnen und Richter typischerweise nicht abgedeckt wird - etwa die Bereiche Datenschutz, Vergaberecht oder Strafvollzug. "Deshalb werden Ausschreibungen in diesen Bereichen schon seit Langem offen, also auch für Jurist:innen bzw. andere Akademiker:innen, ausgeschrieben. Dem entsprechend ist bereits jetzt ein Teil der akademischen Arbeitsplätze (auch Stabstellen- und Abteilungsleitungen) nicht mit Richter:innen und Staatsanwält:innen besetzt."

Ausschreibung bewusst offen

Auch bei den Oberlandesgerichten, Oberstaatsanwaltschaften und beim Bundesverwaltungsgericht seien akademische Leitungsfunktionen mit Personen besetzt, die nicht Richter oder Staatsanwältinnen sind, argumentiert man im Ministerium. 

Angesichts der konkreten Aufgaben der Stelle habe man die "Ausschreibung ganz bewusst offen gewählt, weil sicherzustellen ist, dass die besonderen Kenntnisse im Bereich des Verfassungs- und Verwaltungsrechts, aber auch in der Zusammenarbeit mit dem Parlament erfüllt werden".

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