"Respekt.net"-Debatte: Parteien bei Wahlrecht für Nichtstaatsbürger uneins

Podium (alphabetisch): Zeynep Arslan (KPÖ Plus), Ewa Ernst-Dziedzic (Grüne), Fayad Mulla (Wandel), Niki Scherak (Neos), Harald Stefan (FPÖ), Benjamin Weiser (Jetzt), Peter Wittmann (SPÖ)
Der Verein lud die Parteien ein, über sein "Kontrollpaket der Zivilgesellschaft" zu diskutieren. Erhitzte Gemüter gab es sowohl beim Wahlrecht als auch bei der Parteienfinanzierung.

Abseits der zahlreichen TV-Konfrontationen diskutierten diese Woche führende Politiker auf Einladung des Vereins Respekt.net in Wien darüber, wie Bürger mehr politische Mitsprache bekommen können und die Demokratie mit mehr Leben gefüllt werden kann.

Ein zentrales Thema bei der Diskussion am Dienstag war das Wahlrecht. Konkret: Sollen auch EU-Ausländer, die in Österreich leben, bei Nationalrats- und Landtagswahlen abstimmen dürfen? Dieses Stimmrecht hatten zuletzt die Neos, aber auch Promis wie der TV-Satiriker Dirk Stermann und der Autor Ilija Trojanow gefordert.

FPÖ-Justizsprecher Harald Stefan betonte wenig überraschend, dass dies für seine Partei nicht in Frage komme. Aber auch SPÖ-Verfassungssprecher Peter Wittmann konnte sich ebenso wie Benjamin Weiser von der Liste Jetzt nicht für ein Wahlrecht für EU-Bürger erwärmen. Zwar konnten sich die Vertreter der Parteien vorstellen, bestehende Hürden - wie hohe Einkommensgrenzen und hohe Kosten für die Einbürgerung - abzubauen, trotzdem definieren sie die Staatsbürgerschaft als Privileg und etwas, wofür man sich entscheiden muss.

Anders sahen das die anwesenden Vertreterinnen der Kleinparteien KPÖ Plus und Wandel. Es sei demokratiepolitisch höchst bedenklich, dass Menschen, die oft schon jahrzehntelang in Österreich leben, vom Wahlrecht ausgeschlossen blieben.

Zweites zentrales Thema der Diskussion war die Novelle zum Parteienfinanzierungsgesetz 2019. Zur Erinnerung: Diese war im Juli mit den Stimmen von SPÖ und FPÖ – und damit gegen ÖVP, Neos und Jetzt – im Nationalrat beschlossen worden.

Neos und Grüne bei Parteienfinanzierung unzufrieden

SPÖ-Mandatar Wittmann sagte, man habe dem „Wildwuchs an Parteispenden, mit denen man sich Gesetze und Posten kaufen kann“ einen Riegel vorgeschoben. Der Neos-Abgeordnete Niki Scherak kritisierte das neue Gesetzespaket hingegen einmal mehr als zu „zahnlos“. Umgehungskonstruktionen über Vereine seien nach wie vor möglich, auch fehlten jegliche Schritte, Parteifinanzen insgesamt transparenter zu machen. Wie Scherak forderte auch Grünen-Bundesrätin Ewa Ernst-Dziedzic mehr Transparenz und volle Kontrollrechte für den Rechnungshof.

Dies ist auch eine zentrale Forderung des sogenannten „Kontrollpakets der Zivilgesellschaft“, das der Verein Respekt.net in diesem Wahlsommer vorgestellt hat. Vereinspräsidentin Bettina Reiter sagte auch am Dienstag in ihrem Eingangsstatement: Das Wahlrecht gebe Bürgerinnen und Bürgern „alle fünf Jahre Kontrolle über die Politik“, darüber hinaus gebe es aber viel zu tun. Zentrale Anliegen von Respekt.net sind politische Transparenz, Informationsfreiheit (statt Amtsgeheimnis) und stärkere Rechte für Parlamentarier.

Respekt.net ist eine Crowdfunding-Plattform der Zivilgesesellschaft, die 2010 gegründet wurde. Anfang 2019 gewann sie den früheren Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) und den ehemaligen Raiffeisen-Boss und Flüchtlingskoordinator Christian Konrad für ihr Berater-Gremium.

Das "Kontrollpaket" von Respekt.net

Kommentare