Rendi-Wagner: "Müssen raus aus politischer Blase"

Rendi-Wagner: "Müssen raus aus politischer Blase"
Bei einer Podiumsdiskussion mit Autor Robert Menasse trat die SPÖ-Chefin nach Wochen wieder öffentlich in Erscheinung

Es war rappelvoll an diesem Montagabend in den Räumlichkeiten des SPÖ-Bildungszentrums im zweiten Bezirk. Pamela Rendi-Wagner traf im Zuge einer Podiumsdiskussion auf den Erfolgsautor Robert Menasse.

Der Andrang auf den ersten Auftritt der SPÖ-Chefin nach einigen Wochen nahezu völliger Medien-Absenz war derart groß, dass vor dem eigentlichen Veranstaltungsraum eine Art Public-Viewing-Area eingerichtet wurde. Wer allerdings Angriffsparolen der 47-jährigen erwartet hatte, wurde bitter enttäuscht.

Als Menasse nach einer kurzen Vorstellungsrunde erstmals am Wort war, ging es jedoch ums Eingemachte. Der Gewinner des deutschen Buchpreises 2017 mahnte, dass der sozialdemokratische Idealismus inzwischen in „blindem Pragmatismus“ verloren gegangen sei. Das Publikum applaudierte.

„Faschistoide Sorgen“

Auch den Wiener Bürgermeister Michael Ludwig griff Menasse direkt an. „Auch diese Partei, mit diesem Bürgermeister“ präge mittlerweile den Slogan „Wiener zuerst“. Mit derartigem Wording mache man sich aber neben echten, ideologisch überzeugten Nationalisten unglaubwürdig.

Auch Ludwigs Credo, man müsse die „Sorgen der Bürger“ wieder ernst nehmen, war dem Autor ein Dorn im Auge: „Warum müssen wir immer die Sorgen der Menschen ernst nehmen, für die die Menschenrechte nicht unteilbar sind?“ Die „Sorgen der Menschen ernstnehmen“ sollte nicht bedeuten, dass man sich dabei auf die Sorgen „faschistoider Zeitgenossen“ beschränken sollte.

Rendi-Wagner gab ihm zumindest teilweise recht. Sie betonte, dass die SPÖ nicht mehr nur für die „politische Blase“ kommunizieren sollte und dass es ihr Auftrag als Parteivorsitzende sei, „viele Robert Menasses“ zurückzugewinnen: „Er stellt den Befund, ich muss die Therapie liefern.“

Impfen und EU-Skepsis

Den medizinischen Metaphern hielt die ehemalige Ärztin auch beim Thema EU die Treue. Die Kritik an der Europäischen Union sei vergleichbar mit der aktuellen Impfdebatte: Durch die Wirksamkeit von Impfungen würden viele Menschen die Gefahr von Infektionskrankheiten nicht mehr kennen, daher treten potenzielle Nebenwirkungen in den Vordergrund. Genauso sei es mit der EU: „Errungenschaften wie der europäische Frieden werden als selbstverständlich wahrgenommen.“

Zum Abschluss betonte die Parteichefin, sie werde versuchen, nicht auf der medialen Meta-Ebene zu schweben, sondern künftig klare Ansagen zu machen. Diese würden der Politik allgemein fehlen, die Regierung versuche diesen Umstand lediglich durch „feine Marketingschmähs“ zu verschleiern. Am Ende eines zurückhaltenden Auftritts hatte Rendi-Wagner also doch noch einen leisen Ton aus dem Kriegshorn hervorgebracht.

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