Rektoren-Chefin Seidler fürchtet mehr Studienabbrüche
Die Unis sind von der Pandemie besonders hart getroffen. Studenten sind die einzige Gruppe, die seit Beginn der Corona-Krise im März 2020 im Lockdown – fern von den Universitäten – bleiben müssen. Die Hochschulen haben eine Art Hybrid-System für Forschung und Lehre umgesetzt, das an den Fakultäten in unterschiedlicher Qualität seit bald einem Jahr läuft.
Konkret gemeint ist damit, dass der überwiegende Teil des Unialltags von Lehrkräften und Studenten nur digital am Laptopbildschirm stattfindet. Einzelne Prüfungen oder Übungen oder Laborpraktika werden aber auch an den Uni-Instituten abgehalten.
Sabine Seidler, Vorsitzende des Uni-Dachverbandes Uniko und Rektorin der TU Wien, geht davon aus, dass „wir bis zum Ende des Sommersemesters zumindest unter hybriden, erschwerten Bedingungen den Lehr- und Forschungsbetrieb fortsetzen müssen“.
Die technische Umsetzung des Distanzbetriebs hätten die Unis nach Seidlers Ansicht inzwischen gut im Griff: „Aber sowohl Lehrende als auch Studierende weisen eine gewisse Müdigkeit auf. Eine Universität ist ja nicht nur eine Schule für junge Erwachsene“, erklärte sie am Dienstag. Denn die Unis und Hochschulen seien auch ein Ort der Diskussion sowie des sozialen und gesellschaftlichen Austauschs. Das ist seit März aber praktisch zum Erliegen gekommen.
Statt das Studentenleben auch genießen zu können, vereinsamen derzeit viele in ihren Studentenwohnungen. Zudem kommt, dass die typischen Studentenjobs in der Gastronomie oder der Nachtgastronomie – nicht selten die wichtigste Einnahmequelle für angehende Akademiker – derzeit nicht existent sind.
Studenten würden derzeit verstärkt die Beratungsangebote nützen, und zwar auch Leute, die früher nie auf die Idee gekommen wären, erzählt die studierte Werkstoffwissenschafterin.
Seidler befürchtet nun mehr Studienabbrüche. „Aber ich habe keine Evidenz dafür, das ist nur ein Bauchgefühl.“ Noch sind keine Statistiken über Prüfungsaktivitäten während der Corona-Krise zugänglich, bestätigt auch das Büro der Uniko.
Die Unis müssten bald und schrittweise wieder Präsenz herstellen, fordert die Uniko-Präsidentin. Dazu brauche es Tests, aber auch Impfungen, sowie Unterstützung durch das Bildungsministerium. Denn ein einfaches „Reintesten“ in Lehrveranstaltungen hält sie nicht für möglich, das müsste nämlich jedes Mal geschehen, „wenn man aufeinandertrifft – also jeden Tag“. An Unis mit Zehntausenden Inskribierten gehe das nicht.
382.945 waren im vergangenen Sommersemester an den 22 österreichischen Universitäten und Hochschulen inskribiert, 54 Prozent davon Frauen. 52.000 Studenten waren an Fachhochschulen, rund 11.000 an Privatunis eingeschrieben.
Nach einer Änderung der statistischen Regeln schnellte Österreichs Akademikerquote inzwischen auf 30 Prozent, nur mehr knapp unter den OECD-Schnitt von 34 Prozent. Die große Frage ist, ob diese Quote zu halten sein wird.
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