All das wurde am vergangenen Freitag ohne viel Wirbel in den Gremien abgesegnet. Vor einigen Jahren hätte es da noch einen lautstarken Aufstand so mancher Landesorganisation gegeben.
Ideologisch trennen den künftigen ÖVP-Kanzler Christian Stocker und seinen SPÖ-Vize Andreas Babler Welten. Zwischen ihren Wohnorten Wiener Neustadt und Traiskirchen liegen nur etwas mehr als 25 Kilometer. Stocker war Vizebürgermeister in seiner Heimatstadt, Babler Bürgermeister.
Beide verbindet, dass sie in den vergangenen Jahren in ihren Landesparteien nie im Vordergrund gestanden waren. Christian Stocker hatte als Neustädter Kommunalpolitiker wenig mit der Landesparteizentrale zu tun. Erst als er als Nationalratsabgeordneter in den U-Ausschüssen aufzeigte und ihn Ex-Kanzler Karl Nehammer als Generalsekretär der Partei einsetzte, wurde sein Name auch in St. Pölten nach oben gereiht. Mittlerweile steht die Landespartei voll hinter ihm, was auch Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner mehrmals öffentlich bestätigt hat.
Bablers Machtkämpfe
Bei Andreas Babler ist die Sache noch nicht so einfach. Er musste in seinem Heimatbundesland viele Machtkämpfe bestehen. Zuerst in seinem Heimatbezirk Baden, dann in der roten Landeszentrale in St. Pölten. Bei so mancher Konferenz wurde die Tagesordnung so gestrickt, dass Babler ein Auftritt als Redner verwehrt werden konnte. Was teilweise vergeblich war, weil er jede Chance nutzte, um die Bühne zu betreten. Und diese erst dann verließ, wenn er der Meinung war, alles gesagt zu haben.
Den letzten Machtkampf hat er dieser Tage gewonnen. Er verhinderte einen Ministerposten für seinen Landesparteivorsitzenden Sven Hergovich, obwohl das ein ausdrücklicher Wunsch der Dritten Nationalratspräsidentin Doris Bures gewesen war. Und er lehnte jene Personen (Günter Steindl, Rudolf Silvan) als Staatssekretäre ab, die ihm St. Pölten angeboten hatte. Dafür holte er sich Landesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig, die sich als eine der Gesundheitsreferenten vor allem in der Corona-Zeit einen Namen gemacht hatte. Sie gilt in der blau-gelben Landespartei als Gegnerin von Hergovich.
Bei der Ministerriege hat überrascht, dass sowohl Klaudia Tanner als auch Gerhard Karner ihre Ämter behalten haben. Das soll einige Zeit lang umstritten gewesen sein, da auch die SPÖ die Hand auf das Verteidigungsministerium legen wollte. Dahinter dürfte auch das Bestreben einiger hoher Offiziere gesteckt sein, die an die Spitze des Heeres wollen. Der SPÖ-Führung war es dann aber weniger wichtig als die Finanzen und die Infrastruktur. Das Innenministerium war hingegen von Anfang an für die Türkisen vorgesehen.
Überraschung aus Mödling
Die große Überraschung ist die Mödlingerin Anna Sporrer (62), die für die SPÖ Justizministerin wird. Die Vizepräsidentin des Verwaltungsgerichtshofes ist in der Öffentlichkeit nicht so bekannt, in der SPÖ aber eine starke Stimme, wenn es um Frauenrechte und Gleichstellung geht. Ex-Ministerin Gabriele Heinisch-Hosek – sie stammt auch aus dem Bezirk Mödling – sagt über ihre ehemalige Büroleiterin: „Sie ist eine Vordenkerin. Sie hat zielorientiert, effizient und effektiv gearbeitet.“
Für viele in der ÖVP war es auch eine Überraschung, dass sich Christian Stocker seinen Generalsekretär Alexander Pröll als Staatssekretär geholt hat. Der 34-jährige Politiker ist zwar in Wien aufgewachsen, gilt aber als Niederösterreicher, weil er aus der Radlbrunner Pröll-Dynastie stammt. Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll ist sein Großonkel, Ex-Vizekanzler Josef Pröll sein Vater. Was besonders erwähnt werden muss: Nach dem Vater ist nun auch der Sohn Teil eines Regierungsteams.
Die weiteren Regierungsmitglieder (plus Staatssekretäre) sind nach Bundesländern so aufgeteilt: Oberösterreich 5, Wien 4, Salzburg 2, Steiermark 2, Tirol 1. Das Burgenland, Kärnten und Vorarlberg sind nicht vertreten.
Kommentare