Regierung endlich einig: Whistleblower-Schutzgesetz geht in Begutachtung

Regierung endlich einig: Whistleblower-Schutzgesetz geht in Begutachtung
Die Regierung legt nach langem Warten einen Gesetzesentwurf zur Whistleblowerschutz-Richtlinie vor. Was dieser vorsieht.

Es waren lange und zähe Verhandlungen. Zwei Jahre und sieben Monaten nachdem die Richtlinie in Kraft getreten war, hat sich die Regierung auf ein Gesetz geeinigt: Die von NGOs sehnlichst erwartete Whistleblower-Schutzrichtlinie kommt. Ein Gesetzesentwurf geht nun in Begutachtung.

Der Whistleblower-Schutz-Entwurf der Regierung setzt die Vorgaben der EU um - und etwas mehr: Die EU-Richtlinie trat bereits im Dezember 2021 in Kraft - Österreich war bis jetzt säumig und kassierte dafür ein EU-Vertragsverletzungsverfahren. Die EU-Richtlinie besagt, dass Whistleblower Missstände und Verstöße gegen EU-Recht wie illegale Preisabsprachen, Menschenhandel, Verstöße gegen Umweltschutz im Unternehmen (im privaten und öffentlichen Sektor), in dem sie beschäftigt sind oder mit dem sie zu tun haben, melden können, ohne im Gegenzug Repressalien und berufliche Konsequenzen fürchten zu müssen.

EU kann nicht in Österreich eingreifen

Kompliziert ist das, weil die EU nur EU-Recht regeln kann, nicht aber nationales Recht. Die EU hat daher allen Mitgliedstaaten empfohlen, den Schutz selbstständig auf das jeweilige nationale Recht auszuweiten. Das heißt, dass durch die Vorgaben der EU Hinweisgeber nur dann vor Repressalien rechtlich geschützt sind, wenn ihre Hinweise Verstöße gegen EU-Strafrecht beinhalten; also etwa Menschenhandel, Kartellrecht oder Verstöße gegen den Umweltschutz. Lange war nicht klar, ob Österreich den Schutz auf nationales Recht ausweiten und so  Whistleblower auch ei Hinweisen betreffend das nationale Strafrecht, etwa Hinweisen bei Korruption schützen wird.

Wohin sich Whistleblower wenden können

Durch die EU vorgegeben ist auch, dass Unternehmen ab 249 Mitarbeitern eine interne Meldestelle einrichten müssen, bei der anonym Hinweise gegeben werden können. Dafür sollen durch das Gesetz unternehmensinterne und externe Meldestellen geschaffen werden. Die österreichische Umsetzung sieht nun vor, dass bereits Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern eine Meldestelle für Hinweisgeber einrichten müssen. Auch die EU-Richtlinie schreibt das vor, allerdings hat die EU dafür eine längere Frist vorgeschrieben.

"Die Meldestellen gehen Hinweisen auf Unregelmäßigkeiten nach, unter anderem hinsichtlich der Einhaltung von Datenschutzbestimmungen oder Verstößen im öffentlichen Auftragswesen“, betont der Arbeitsminister Martin Kocher, dessen Resort die Umsetzung verantwortet.

Der private Sektor bekommt eine externe, Betriebs-unabhängige Meldestelle, die im Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) angesiedelt sein wird. Eine Unterscheidung zwischen internen und externen Meldestellen findet auch im öffentlichen Sektor statt. Interne Meldestellen für den öffentlichen Sektor sind bei der Bundesdisziplinarbehörde einzurichten, eine externe Meldestelle wird ebenfalls beim Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) verortet, heißt es im Gesetzesentwurf. 

Verhandlungstriumph für die Grünen

Obwohl das zuständige Arbeitsministerium bereits Ende des Vorjahres einen Arbeitsentwurf vorgelegt hat, konnten sich die Koalitionsparteien nicht einigen, wie der Hinweisgeberschutz in Österreich ausgestaltet werden soll. Die Grünen waren für eine Ausweitung des Schutzes von Hinweisgebern auf nationales Recht, vor allem bei Korruptionsvergehen, die ÖVP war dagegen.  

Nach dem Verhandlungsabschluss zeigen sich die Grünen zufrieden. "Uns war wichtig, dass wir alle Vorgaben der EU im EU-Recht auch im österreichischen Strafrecht abdecken und die Richtlinie nicht einfach abschreiben", sagt die Grüne Justiz-Sprecherin Agnes Sirkka Prammer dem KURIER. Größter Triumph nach den monatelangen Verhandlungen ist aber die Implementierung des Korruptionsstrafrechts im Gesetzesentwurf.

Welche Hinweise sicher sind 

Der Schutz vor Repressalien gilt zudem künftig in den Bereichen: Öffentliches Auftragswesen; Finanzdienstleistungen, Finanzprodukte und Finanzmärkte sowie Verhinderungen von Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung; Produktsicherheit und -konformität; Verkehrssicherheit; Umweltschutz; Strahlenschutz und kerntechnische Sicherheit; Lebensmittel- und Futtermittelsicherheit, Tiergesundheit und Tierschutz; öffentliche Gesundheit; Verbraucherschutz und Schutz der Privatsphäre personenbezogener Daten sowie Netz- und Informationssystemen. 

Kritik kam vom Arbeiterkammer-Experte Philipp Brokes. Er kritisierte im Ö1-Mittagsjournal, dass Österreich nur eine Minimalvariante der EU-Richtlinie umsetze, obwohl die EU einen expliziten Appell an die Mitgliedsstaaten gerichtet hätte, die Richtlinie auch auf andere Bereiche auszuweiten. Darüber hinaus sei in Österreich nur das Korruptionsstrafrecht mit einbezogen worden. Ein Whistleblower, der beispielsweise einen Fall von Geldwäsche aufdeckt, sei demnach nur geschützt, wenn er zweifelsfrei nachweisen kann, dass Korruption im Spiel war, so die Kritik.

Der Gesetzesentwurf ist ab heute für sechs Wochen in Begutachtung.

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