Regieren in Zeiten der Verwirrung

Rot und Blau ist bunt. Und wird vielen in der SPÖ zu bunt. Aber die SPÖ wird offen damit umgehen müssen.

Es ist ein gutes Land" , beginnt Ottokar von Horneck sein Loblied auf Österreich, nachzulesen in "König Ottokars Glück und Ende." Ob das fast 200 Jahre nach der Veröffentlichung des Trauerspiels von Grillparzer wirklich noch stimmt, gilt es noch zu erörtern. Aber wunderschön ist diese kleine Alpenrepublik, wie sich jeder überzeugen kann, der in diesen Tagen durch Österreich fährt. Glücklich, wer hier leben darf. Wie kann es dann sein, dass die sozialen Netzwerke überquellen vor Hass und Verschwörungstheorien? Wenn es die Angst sein sollte, das alles zu verlieren, kann man diese nicht zivilisiert ausdrücken?

Sicher ist, dass wir in einer Zeit der allgemeinen Verwirrung leben: Es fehlen klare Konzepte für unser Land, Europa ist auf halbem Weg stehen geblieben, Terror und Bürgerkriege rücken immer näher. Dass die kriegerischen Auseinandersetzungen in Afrika und im Nahen Osten jetzt auch noch Gesichter bekommen haben, die an unsere Haustüre klopfen, verunsichert zusätzlich. Gerade jetzt bekommen wir ungebetenen Zulauf in unsere schrumpfenden Gesellschaften, wo wir nicht wissen, wie sich Europa weiterentwickelt.

In der kleinen Welt der österreichischen Innenpolitik wird es besonders unübersichtlich, was die Verunsicherung nochmals verstärkt. Der burgenländische Landeshauptmann Hans Niessl fühlt sich offenbar wie der Sprecher einer rot-blauen Koalition, nicht wie ein SPÖ-Spitzenpolitiker. Anders ist nicht zu erklären, dass er zunehmend Positionen seiner Partei verlässt und etwa eine Volksabstimmung im Burgenland über ein Bundesgesetz überlegt. Das wäre die Pervertierung des Bundesstaates.

Regieren heißt das Land managen

"Hans Niessl soll sich nicht von der FPÖ anstecken lassen", stichelt der Wiener Bürgermeister Michael Häupl. Das wird nicht reichen. Denn die FPÖ hat sich in Wien so sehr an die Sozialdemokratie angepasst, dass es die SPÖ schwer haben wird, sich abzugrenzen. In Inseraten in Boulevard-Zeitungen, wo die FPÖ ohnehin hoch geschrieben wird, redet FPÖ-Chef Strache wie ein Sozialdemokrat: Keine Privatisierung von Gemeindewohnungen und von Betrieben der Stadt Wien, und eine Job-Garantie für alle Mitarbeiter der Stadt. So soll Sozialdemokraten leicht gemacht werden, FPÖ zu wählen. Aber wozu, wenn die FPÖ sich rot gibt? Wie gesagt, Verwirrung überall. Und diese Verwirrung hilft der FPÖ, so wirr sie auch auftritt, etwa mit Straches absurden Anspielungen auf ein Mordkomplott gegen Haider.

Was hilft, damit Österreich wie "ein gutes Land" dasteht? Ein erster Schritt wäre eine Bundesregierung, die nicht so überfordert wirkt, wie in der Flüchtlingsfrage und Landeshauptleute, die an ganz Österreich denken. Österreich ist ein gutes Land, wenn die Politik nicht handelt wie in Grillparzers Bruderzwist in Habsburg: "Auf halben Wegen und zu halber Tat mit halben Mitteln zauderhaft zu streben, wird nicht reichen".

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