Grüne glauben an Hypo-U-Ausschuss nächstes Jahr

Grünen-Chefin Eva Glawischnig
Nach der kollektiven Freude über die U-Ausschuss-Reform geht es an konkrete Vorhaben.

Jahrzehntelang hatte man verhandelt und gestritten, am Donnerstag kam die Einigung: Untersuchungsausschüsse können nunmehr auch von einer Minderheit eingesetzt werden. Freiheitliche, Grüne und NEOS einigten sich mit der Großen Koalition auf eine entsprechende Punktation, die im Herbst gesetzlich umgesetzt werden soll. Bereits im November könnte so ein U-Ausschuss zur Hypo Alpe Adria starten - theoretisch.

Werner Kogler, Grüner Abgeordneter und "Hypo-Krimi"-Aufdecker, meinte im Ö1-Morgenjournal am Freitag, ob man gleich im Herbst mit einem Ausschuss zur Aufklärung des Hypo-Alpe-Adria-Skandals starten könnte, hänge davon ab, ob die Verfahrensregeln greifen. Auch habe man sich politisch geeinigt, dass man nicht während des Verkaufsprozesses mit Zeugenbefragungen starten wolle. "Also eher Anfang nächsten Jahres", so Kogler.

Keine Liveübertragungen

Auch Bundessprecherin Eva Glawischnig rechnet mit einer baldigen Einsetzung. Noch in diesem Jahr dürfte das Begehren gestellt werden, sagte sie am Freitag in einer Pressekonferenz. Die erste Sitzung dürfte aber "sicher erst nächstes Jahr" stattfinden. "Sie sehen uns heute strahlend", fasste Glawischnig die Freude in ihrer Partei zusammen. Auch Dieter Brosz, der in die Verhandlungen zur U-Ausschuss-Reform federführend eingebunden war, sprach von einem extrem guten Ergebnis. Österreich gehöre nun gemeinsam mit Deutschland zu den Vorreitern in Europa, so Glawischnig. Ein zuerst angedrohtes Volksbegehren ist für die Grünen mit der Einigung nun natürlich vom Tisch. "Anerkennung" gab es von Brosz zudem für die Verhandler von SPÖ und ÖVP, den Klubchefs Andreas Schieder und Reinhold Lopatka: "Es ist sicher nicht leicht gewesen, den Druck der eigenen Regierungsfraktionen auszuhalten." Einzig und allein bei den nun doch nicht zugelassenen Liveübertragungen der Ausschusssitzungen habe sich die Regierung durchgesetzt. Das zuerst im Raum gestandene "Verwertungsverbot", das etwa die Medien betroffen hätte, sei hingegen vom Tisch.

FPÖ und NEOS sehen im Gegensatz zu den Grünen keinen Grund, mit der Behandlung der Causa Hypo abzuwarten. Vertreter beider Parteien meinten am Freitag im Gespräch mit der APA, bis zur Gesetzwerdung der Einigung dauere es zu lange, ein Ausschuss könnte auch per Mehrheitsbeschluss eingesetzt werden.

VfGH "bereit"

Der Verfassungsgerichtshof zeigt sich jedenfalls offen für seine künftige Rolle als Streitschlichter in parlamentarischen Untersuchungsausschüssen: Der VfGH sei "bereit für diese neue Aufgabe", sagte Sprecher Christian Neuwirth am Freitag zur APA. "VfGH-Präsident Gerhart Holzinger begrüßt ausdrücklich, dass es nach langen Diskussionen nun endlich zu einer Stärkung des parlamentarischen Minderheitsrechts kommt", betonte Neuwirth. Die Rolle des Streitschlichters bei U-Ausschüssen "passt gut zu den Kompetenzen eines Verfassungsgerichtshofes, wie auch das Beispiel Deutschland zeigt". Es werde jetzt darauf ankommen, wie im Laufe des Sommers diese neue Kompetenz rechtlich ausgestaltet wird und ob die bestehenden Ressourcen im VfGH dafür ausreichen, meinte der Sprecher.

Ex-Verfahrensanwalt Strasser: "Großer Fortschritt"

Positiv beurteilt auch der ehemalige Verfahrensanwalt im Eurofighter-Untersuchungsausschuss 2006/2007, Gottfried Strasser, die Fünf-Parteieneinigung zur Reform der Untersuchungsausschüsse: Diese sei "auf jeden Fall ein großer Fortschritt", sagte er im Ö1-Mittagsjournal am Freitag. Befürchtungen, dass Zeugen künftig einfach um den heißen Brei herumreden, weil die Einvernahmezeit mit maximal vier Stunden begrenzt ist, wies Strasser zurück: Wenn es in dieser Zeit nicht gelinge, zu einem Ergebnis zu kommen, "dann ist das mehr oder weniger ein Armutszeugnis".

Altgediente Oppositionelle und U-Ausschuss-Veteranen wie Peter Pilz können noch kaum fassen, was nach Jahren ergebnisloser Debatten endlich geglückt ist: Am Donnerstag gelang die politische Einigung (ohne Team Stronach) auf die Einsetzung von U-Ausschüssen durch eine Minderheit im Parlament.

Das bedeutet: Ab Inkrafttreten der Reform im Herbst kann ein Viertel der 183 Nationalratsabgeordneten gegen den Willen der Mehrheit einen Untersuchungsausschuss einberufen, Auskunftspersonen laden und nötige Beweismittel anfordern. Kommt es zum Streit, kann die Minderheit den Rechtsweg bis zum Verfassungsgerichtshof beschreiten. In Einzelfällen kann die Streitschlichtung auch die Volksanwaltschaft übernehmen.

Pilz jubelte im KURIER-Gespräch: „Das ist die größte Demokratiereform seit 1945. Erstmals bekommen wir ein Parlament mit Zähnen. Wir sind damit wirklich auf europäischem Standard.“

Hypo-Untersuchungsausschuss vielleicht noch heuer

Damit ist auch klar, dass möglicherweise noch heuer, aber definitiv 2015 ein Hypo-Untersuchungsausschuss eingesetzt wird. Darüber haben sich die Oppositionsparteien längst verständigt; auch die Regierungsparteien rechnen fix damit. „Ja, ich gehe auch davon aus, dass die Opposition sofort einen U-Ausschuss einsetzen wird“, sagte ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka zum KURIER. „Für uns war entscheidend, dass der Tribunalcharakter des Untersuchungsausschusses verschwindet. Mein Ziel ist, dass wir keine Polit-Show mehr wie in der Vergangenheit erleben.“

Drei Punkte garantieren aus Sicht der Regierungsparteien ein „einwandfreies, rechtsstaatliches Verfahren“:

Vorsitz Den Vorsitz im U-Ausschuss haben die Parlamentspräsidenten. Daneben soll es einen Verfahrensrichter sowie einen in seiner Rolle gestärkten Verfahrensanwalt geben. Dauer wird auf maximal 12 Monate beschränkt.

Wahlkampf Die Letztbefragung im U-Ausschuss muss vier Monate (mindestens 124 Tage) vor der nächsten Nationalratswahl stattfinden.

Immunität Die Immunität von Abgeordneten wird bei Verleumdung und Geheimnisverrat aufgehoben.

Auch Neos-Chef Strolz ist von dieser Reform angetan: „Aufklären statt vertuschen wird endlich möglich.“

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