Rechnungshof rechnet mit Blaulichtfunk ab

Rechnungshof rechnet mit Blaulichtfunk ab
Strassers "Tetron": Der Rechnungshof ortet finanziellen Schaden für die Republik und kommt zu einem vernichtenden Urteil.

Der digitale Polizeifunk beschäftigt nicht nur die Justiz und den Korruptions-Untersuchungsausschuss im Parlament. Auch der Rechnungshof (RH) hat das Projekt durchleuchtet. Und die Prüfer sind – wenig überraschend – zu einem vernichtenden Urteil gekommen.

Sie monieren, dass 28 Beraterverträge in Höhe von rund einer Million Euro rund um den Blaulichtfunk vergeben wurden, berichtet das ORF-Radio. Außerdem bemängelt der RH laut KURIER-Recherchen zu hohe Kosten und er vermisst eine begleitende Kontrolle.

Scharf kritisiert wird im RH-Rohbericht auch die Rolle von Christoph Ulmer, Kabinettschef unter Innenminister Ernst Strasser – und später Berater des Ministeriums in Sachen Polizeifunk.

Rückblende

Rechnungshof rechnet mit Blaulichtfunk ab

Der analoge Polizeifunk sollte unter Innenminister Ernst Strasser durch ein digitales System ersetzt werden. 2002 erhielt das Konsortium Mastertalk (Siemens, Wiener Städtische, Raiffeisen, Verbund) den Zuschlag. 2003 wurde der Vertrag wegen angeblich technischer Mängel aufgelöst. Die Republik zahlte für einen Vergleich fast 30 Millionen Euro. Für Berater wurden 2,4 Millionen Euro ausgegeben – ein finanzieller Schaden für die Republik, urteilt der RH.

Was geschah danach? 2004 gingen Motorola und Alcatel ("Tetron") gemeinsam mit der Telekom als Sieger im zweiten Vergabeverfahren hervor. Doch es gibt bis heute nicht nur große Funklöcher im digitalen System, es häufen sich die Indizien, dass Bestechung im Spiel gewesen sein könnte und dass sich einige Beteiligten persönlich bereichert haben dürften (siehe unten) .

Christoph Ulmer, Ex-Strasser-Büroleiter, und alle anderen Beteiligten weisen Korruptionsvorwürfe strikt zurück. Es gilt die Unschuldsvermutung.

Karenziert

Fakt ist jedenfalls, dass sich der 42-jährige Jurist Ulmer 2004 karenzieren ließ, aber dennoch weiter für das Innenministerium tätig war. Er bekam einen unentgeltlichen Werkvertrag für das Tetron-Projekt. Ulmer kassierte zwar nur knapp 10.900 Euro an Spesenersatz, doch was er genau gemacht hat, konnte das Ministerium den RH-Prüfern nicht klären bzw. es lieferte widersprüchliche Angaben. Schriftliche Aufzeichnungen über seine Leistungen fehlen, aber aus den Spesenabrechnungen geht hervor, dass sich Ulmer während des Vergabeverfahrens, mit zwei Firmen getroffen hat. "Im Sinne der Transparenz bemängelt der RH die informelle Kontaktaufnahme zwischen dem BMI und zwei Bietern außerhalb des Vergabeverfahrens."

Das BMI kontert in einer Stellungnahme, dass etwa das Vergabeverfahren "insgesamt korrekt" durchgeführt worden sei. Auch sei die Nutzung externer Expertisen "als geeignete Maßnahme bewertet" worden, aber auch der Vergleich sei mit über 29,9 Millionen Euro die "bestmögliche erzielbare Lösung" gewesen. Künftig werde man aber "stärkeres Augenmerk auf eine ausführliche Aktendokumentation legen".

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Motorola: Warum US-Konzern Behörden brisante Infos liefert

Motorola ist durch das Tetron-Projekt in die Schlagzeilen geraten – kein Renommee für einen Großkonzern. Er arbeitet aber offenbar bestens mit den Behörden zusammen. Denn die Amerikaner verstehen keinen Spaß, wenn es um den Verdacht von Schmiergeld geht. Wer sich kooperativ verhält, kann bei der Justiz Milde erwarten. Denn nicht nur in Österreich, sondern auch in den USA wird ermittelt.

Am 11. Jänner 2011 kontaktierte die US-Wertpapieraufsichtsbehörde die österreichische Finanzmarktaufsicht. Der Inhalt: Bei einer Prüfung sei man auf verdächtige Millionen-Zahlungen gestoßen, die von Motorola an den Lobbyisten Alfons Mensdorff-Pouilly geflossen sein dürften. US-Anwalt Marcus Asner soll dies zuvor den amerikanischen Behörden mitgeteilt haben. "Asner hat für Motorola bereits seit 2009 in dieser Causa ermittelt", hat BZÖ-Abgeordneter Stefan Petzner kürzlich im U-Ausschuss berichtet.

Am 6. März 2012 kam Asner nach Wien, um dem Staatsanwalt und den Beamten des Innenministeriums binnen sieben Stunden seine Ermittlungsergebnisse zu schildern. Tenor: Mensdorff soll für Motorola als Türöffner im Fall Tetron tätig gewesen sein, er soll Amtsträgern zu Geschenken, Gratisurlauben und Jobs verholfen haben. Mensdorff bestreitet jegliches Tetron-Engagement. Bekannt ist aber, dass zahlreiche Personen, die mit Tetron befasst waren, an Jagden bei Mensdorff teilgenommen haben. Auffällig ist auch, dass mehrere Ministeriumsmitarbeiter im Zuge des Projekts zu neuen Jobs gekommen sind.

Wie ist Motorola zu Mensdorff gekommen? Asner behauptet, die Ex-Kabinettsmitarbeiter Christoph Ulmer und Bernhard Krumpel hätten den Kontakt zwischen zwei deutschen Motorola-Leuten und Mensdorff eingefädelt. Ulmer sagte im U-Ausschuss, er habe nur für das Ministerium gearbeitet. Krumpel erklärte, er sei nicht für Motorola tätig gewesen.

Wie auch immer: Asner nannte den Ermittlern laut KURIER-Infos jedenfalls "beispielhaft" sieben Namen von Profiteuren. Und der US-Advokat hat angekündigt, neben Geschäftsberichten, Verträgen und Mails noch genaue Unterlagen darüber zu liefern, wer welche Zuwendungen bekommen hat. Vor wenigen Wochen sollen die brisanten Papiere eingetroffen sein. Noch ist über den Inhalt nichts bekannt. Doch im U-Ausschuss sollte demnächst Näheres zu erfahren sein.

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