WKÖ will Rauchverbot aufweichen
Das Thema Gastronomie-Rauchverbot bleibt uns weiter erhalten. Denn nun startet die Wirtschaftskammer (WKÖ) einen neuen Vorstoß, das bereits beschlossene, dann von der ÖVP-FPÖ-Regierung abgesagte und nach dem Platzen der Regierung in Folge des Ibiza-Videos wieder beschlossene allgemeine Rauchverbot (ab 1. November) wieder aufzuweichen.
WKÖ-Generalsekretär Karlheinz Kopf sagte gegenüber dem Nachrichtenportal Vol.at, die Regelung in Sachen Rauchverbot müsse man wegen der möglicherweise daraus resultierenden Probleme mit Anrainern nachschärfen. Es gelte eine Lösung zu finden, "unter Umständen über die Gewerbeordnung", andererseits solle man darüber nachdenken, ob man Lokalen, "die länger offen haben", nicht doch Raucherräume erlaubt. WKÖ-Präsident Harald Mahrer meinte im selben Interview, Sperrstunden zu kürzen und die Gastronomen für Raucher vor der Tür haftbar zu machen, könne nicht der richtige Weg sein.
Der designierte FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer zeigte sich erfreut "über die Zustimmung der Wirtschaftskammer für seinen Kompromissvorschlag, das Rauchen in definierten Raucherbereichen in Lokalen ab den Abendstunden zu erlauben". Damit könne man zuversichtlich sein, "dass diese Lösung nach der Wahl auch umgesetzt wird", ließ Hofer in einer Aussendung wissen.
Rendi-Wagner hört "Alarmglocken läuten"
Aus gesundheitspolitischer Sicht müssten alle Alarmglocken läuten, kommentierte SPÖ-Spitzenkandidatin Pamela Rendi-Wagner diese Aussagen. "Die Aufweichung des Nichtraucherschutzes, der im Juli gemeinsam mit der ÖVP beschlossen wurde, wäre ein Irrsinn und gefährdet die Gesundheit der Menschen. An den Folgen von Rauchen sterben jedes Jahr über 13.000 Menschen in Österreich. Rauchen ist auch die häufigste Einzelursache für Krebs."
Es sei zu befürchten ist, dass der Nichtraucherschutz das erste Opfer einer neuen schwarz-blauen Koalition wird. "Gerade die ÖVP scheint angesichts der Wahl so nervös zu sein, dass sie dafür bereit ist, den vierten Meinungsschwenk zu vollziehen", kritisierte Rendi-Wagner und verwies auf den Willen der fast 900.000 Unterzeichner des Don't-Smoke-Volksbegehrens.
Unverständnis bei Neos
"Mit großem Unverständnis" reagierte NEOS-Gesundheitssprecher Gerald Loacker auf die von der ÖVP, "allen voran" Mahrer und Kopf, geforderten Ausnahmeregelungen vom generellen Rauchverbot in der Gastronomie. "Die Wirtschaftskammer hat jetzt das Gesetz bekommen, das sie 2015 selbst mitverhandelt hat. Dieses durchschaubare Anbiedern der ÖVP-Leute aus der Kammer an die blaue Wählerschaft ist billig und durchschaubar", ärgerte sich Loacker.
Loacker sehe zwar ein, dass die Gastronomen bei übermäßiger Lärmbelästigung vor den Lokalen in Haftungsfragen nicht im Regen stehen gelassen werden dürften: "Jedoch sehe ich hier keinen Grund, wieder und wieder an dem beschlossenen Nichtrauchergesetz herumzudoktern, schon gar nicht als Wahlkampf-Gag."
Scharf kritisierte Daniela Holzinger, Gesundheitssprecherin der Liste Jetzt, alle Versuche, das Rauchverbot in der Gastronomie aufzuweichen. "Die ÖVP muss sich endlich aus der Umklammerung der Wirtschaftskammer lösen und bei dem bleiben, was wir mit Handschlag vereinbart haben." Holzinger stellte die Frage, ob "Gesundheitsschutz für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach 22 Uhr etwa weniger wichtig als vor 22 Uhr" ist.
Krebshilfe-Präsident ortet "Angriff auf die Gesundheit"
Wenig überraschend ist der Wirtschaftskammer-Vorstoß auch für die Initiatoren des "Don't Smoke"-Volksbegehrens unbegreiflich. "Der vorliegende Kompromissvorschlag ist ein einziger Angriff auf die Gesundheit der Jugend und der Arbeitnehmer in den Lokalen,“ ärgert sich Krebshilfe-Präsident Paul Sevelda. „Denn es sind die Jugendlichen, die in den Abendstunden in der Gastronomie zu Gast sind. Die Aufhebung des Rauchverbots in genau dieser Zeit ist verantwortungslos und setzt die Gesundheit der Jugend aufs Spiel.“
Wie ernst es die FPÖ mit den Wirten wirklich meint, ist für den Krebshilfe-Präsidenten fraglich: „Den ÖVP-Abänderungsantrag zur Investitionsprämie und zum Schutz der Gastronomen bei übermäßiger Lärmbelästigungen hat die FPÖ im Mai nicht zugestimmt. Das wäre eine direkte Unterstützung für die Gastronomie.“ Und fraglich ist für Sevelda auch die Rolle der Wirtschaftskammer: „Gerade die Wirtschaftskammer, die das nun beschlossene Gesetz im Jahr 2015 selbst mitverhandelt hat, sollte zu ihrem Wort stehen und sich nicht für ein Wahlkampf-Geplänkel hergeben.“
Ähnlich argumentiert auch Ärztekammerpräsident Thomas Szekeres, der darüber verärgert ist, dass einzelne Politiker ihre Aufgabe darin sähen, im Sinne der Gesundheit der Menschen beschlossene und längst erledigte Gesetzesvorhaben erneut wieder in Diskussion zu bringen. „Sinnvoller wäre es, sich um innovative neue Projekte und Vorhaben zu kümmern“, betont Szekeres. Gerade im Bereich der Gesundheitsprävention gäbe es in Österreich genügend Betätigungsfelder, die lohnender sind und Menschen wirklich Nutzen bringen könnten.
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