Ramadan: Nehammer fordert Fastenverbot für schulpflichtige Kinder
ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer fordert ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder. Anlass dafür sind Berichte von Lehrern, die immer wieder von geschwächten Kindern während des demnächst endenden islamischen Fastenmonats Ramadan berichten.
"Wenn religiöse Rituale - egal welcher Religion - die Gesundheit von Kindern gefährden, geht das eindeutig zu weit", meinte Nehammer am Donnerstag in einer Stellungnahme gegenüber der APA. Selbstverständlich sei die Religionsfreiheit ein hohes Gut und er habe vollstes Verständnis für religiöse Rituale, aber: "Wenn die Religion über dem Kindeswohl steht, ist Schluss".
Nehammer verwies auf "unzählige" Lehrerberichte sowie auf Experten, die bei gesundheitlichen Schäden auf ein Fastenverbot hinweisen. "Es darf nicht sein, dass gesundheitliche Risiken für die Kinder entstehen und Pädagogen Schüler nicht mehr unterrichten können. Ich fordere ein Fastenverbot für schulpflichtige Kinder, die eindeutig geschwächt sind und nicht mehr dem Unterricht folgen können. Wenn sich die Erziehungsberechtigten darüber nicht im Klaren sind, muss es im Einflussbereich von Schulen strengere Regeln geben. Wir dulden bei Kindern keine Verantwortungslosigkeit", so Nehammer.
"Ressentiments gegen Muslime"
Bei der Islamischen Glaubensgemeinschaft weist man die Forderung nach einem Fastenverbot bei Schulpflichtigen aufs Entschiedenste zurück. Der Monat Ramadan beinhalte "viel mehr als eine Enthaltung von Essen und Trinken", erklärt die Frauenreferentin Carla Amina Baghajati. Er förder "eine Ethik des sozialen Zusammenhalts und der Empathie". Jedem Politiker, der in Bezug auf den Ramadan Verbote erlassen wolle, müsse bewusst sein, "dass er damit auch diese Werte angreift, indem er die Fastenpraxis der Muslime an sich völlig undifferenziert in ein schlechtes Licht stellt".
"Wenn Herr Nehammer von der ÖVP meint, über den Trick das ,Kindeswohl' angeblich schützen zu wollen, einer Diskussion zum Thema ,Einschränkung der Religionsfreiheit' aus dem Weg gehen zu können, so wird das nicht gelingen", sagt Baghajati. Zu offensichtlich sei, dass es hier nicht um das Kindeswohl gehe. "Vielmehr möchte man Ressentiments gegen den Islam und Muslime bedienen – die man zuvor selbst noch beständig angefacht hatte." Muslime würden ständig vor den Kopf gestoßen und bewusst gedemütigt. Dies führe zu einer gefährlichen Entfremdung in der Gesellschaft. "Vor allem Kinder und Jugendliche bekommen diese Feindbildpolitik zu spüren. Bei ihnen besteht die Gefahr, dass sie sich bewusst von der hiesigen Gesellschaft abwenden oder noch schlimmer empfänglich werden für radikales Gedankengut."
Kinder seien "selbstverständlich vom Fastengebot ausgenommen", da sie körperlich im Wachstum und noch nicht religionsmündig seien. "Freilich erleben sie die besondere Stimmung des Ramadan intensiv mit. Es gibt auch viele Kinder, die in verschiedenen Formen Anteil am Fastenmonat nehmen. Das heißt aber nicht, dass sie wie Erwachsene mitfasten. Aber sie probieren mitunter einen halben Tag zu fasten, machen ein „Süßigkeitenfasten tagsüber“ oder enthalten sich bewusst schlechter Rede", erklärt Baghajati. In Einzelfällen mag es auch dazu kommen, dass ein Kind, meist an der Grenze zur Pubertät, schon den ganzen Tag fasten möchte. Es sei Sache der Erziehungsberechtigten, dies verantwortungsvoll zu begleiten.
In der Kinderrechtskonvention von 1992 sei insbesondere in Artikel 4 festgehalten, dass die freie Meinungsäußerung des Kindes zu respektieren sei. Dazu gehöre auch, die spirituellen und religiösen Bedürfnisse eines Kindes zu achten. Es sei ein Trugschluss anzunehmen, ein Kind, das faste, könne nur dazu gezwungen sein und wäre daher davon zu „befreien“. "Ganz im Gegenteil sind wir gerade nach dem heurigen Ramadan zutiefst betroffen davon, wie viele Schilderungen entsetzter Eltern über klares pädagogisches Fehlverhalten an uns herangetragen wurden", sagt Baghajati. "Darunter sind Schilderungen, dass ihre Kinder in der Schule auf erniedrigende Weise gezwungen wurden, Wasser zu trinken oder Nahrung zu sich zu nehmen – ohne dass diese Anzeichen körperlicher Schwäche gezeigt hätten. Essenszwang ist ein tiefer Eingriff in das Selbstbestimmungsrecht. Das sind geradezu traumatische Erfahrungen, die im Widerspruch zu jedem Kinderrechtsverständnis stehen."
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