ÖVP-Frontmann Lopatka greift die FPÖ frontal an. Bei den Grünen gilt Klima-Aktivistin Schilling als Favoritin
16.01.24, 17:16
Die große Zahl der EU-Skeptiker nicht verschrecken und gleichzeitig nicht zu sehr ins FPÖ-Fahrwasser geraten. Vor diesem Dilemma scheint Reinhold Lopatka zu stehen, der am Montag von der ÖVP zum Spitzenkandidat für die EU-Wahl gekürt wurde.
Und so schlug er am Dienstag vor den Medien durchaus EU-kritische Töne an: Gegen eine Überregulierung, gegen das von Klima-Aktivisten ausgehende „Diktat der Straße“, vor allem aber gegen eine zu lockere Asyl- und Migrationspolitik. „Es war eine Fehleinschätzung zu glauben, dass wir das alles schaffen können“.
Deshalb plädiert Lopatka für Asylverfahren ausschließlich an den Außengrenzen oder in Drittstaaten.
Zugleich rechnet er scharf mit der FPÖ ab. Diese wolle die EU zerstören und fungiere als verlängerter Arm des russischen Präsidenten Wladimir Putin.
Die von vielen in der ÖVP vorgenommene Trennung zwischen FPÖ und ihrem Parteichef Herbert Kickl trägt er nicht mit: „Kickl ist die FPÖ. Die Partei wird zunehmend zur Führerpartei“, es gebe dort im Gegensatz zu früher niemanden mehr, der den Parteichef offen zu kritisieren wage.
Dritte Wahl?
Das 63-jährige ÖVP-Urgestein startet allerdings mit einem Manko in den Wahlkampf: Nach dem Rückzug des bisherigen Delegationsleiters Othmar Karas und den Absagen von Karoline Edtstadler und Alexander Schallenberg gilt er als Spitzenkandidat der dritten oder vierten Wahl. Darauf angesprochen verweist Lopatka auf seine große Erfahrung als Parlamentarier, die die beiden Minister nicht hätten.
Noch nicht verraten will Lopatka, wer sonst noch auf der ÖVP-Liste stehen wird. Nur so viel: Die Volkspartei werde jüngere Kandidaten als die anderen Parteien an wählbarer Stelle haben. Gut informiert gibt sich Lopatka aber auch hinsichtlich der Listenerstellung beim grünen Koalitionspartner. Dort werde es eine Spitzenkandidatin geben, verrät er.
Zuletzt verdichteten sich die Hinweise, dass dies die Wiener Klimaschutz-Aktivistin Lena Schilling werden könnte.
Sie wäre damit die einzige Frau unter den Spitzenkandidaten und zugleich mit ihren 23 Jahren wesentlich jünger als ihre Mitbewerber aus den anderen Parteien. Die endgültige Entscheidung fällt am grünen Bundeskongress am 24. Februar in Graz.
Keine Experimente
Bei SPÖ und FPÖ verzichtet man hingegen auf Experimente mit Quereinsteigern, sondern setzt auf die jetzigen Delegationsleiter Andreas Schieder und Harald Vilimsky, die bereits bei der EU-Wahl im Jahr 2019 Spitzenkandidaten ihrer Parteien waren.
Noch offen ist hingegen die Entscheidung bei den Neos. Sie haben am Montag ihren Vorwahl-Prozess gestartet. Zur Auswahl stehen 62 Bewerber, über die bis zum 24. Jänner abgestimmt werden kann. Und zwar von jedem über 16 mit österreichischer Staatsbürgerschaft oder Hauptwohnsitz in Österreich. Die finale Liste wird bei der Neos-Mitgliederversammlung am 27. Jänner festgelegt.
Als haushoher Favorit für Listenplatz eins wird der bisherige Nationalratsabgeordnete Helmut Brandstätter gehandelt. Er hat auch die offizielle Unterstützung von Parteichefin Beate Meinl-Reisinger.
Kommentare