Ex-Kanzler Kurz vor Gericht: Chats stehen wieder im Mittelpunkt

IBIZA-U-AUSSCHUSS: KURZ
Die WKStA wird auch Tonaufnahmen von Ex-Kanzler Sebastian Kurz im U-Ausschuss vorspielen lassen. Der weitere Prozessfahrplan ist noch offen.

Am Mittwoch um 9.30 Uhr wird Richter Michael Radasztics die Verhandlung gegen Ex-Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP), die damalige Vizeparteichefin und Casinos-Austria-Direktorin Bettina Glatz-Kremsner und den Kurz-Vertrauten Bernhard Bonelli im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen in Wien aufrufen – und die Kamerateams und Fotografen aus dem Saal bitten.

Der Rummel im Vorfeld könnte vermuten lassen, dass zumindest ein Schöffengericht im Einsatz ist. Doch Radasztics wird das Verfahren als Einzelrichter führen. Grund dafür ist der Strafrahmen für das angeklagte Delikt: Die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) wirft den drei Angeklagten falsche Beweisaussage vor dem parlamentarischen Ibiza-Untersuchungsausschuss vor.

Konkret soll es um angeblich abgesprochene Postenbesetzungen gegangen sein. Glatz-Kremsner soll zudem als Zeugin im Casinos-Verfahren falsche Angaben gemacht zu haben. Der Strafrahmen beträgt bis zu drei Jahre.

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Noch keine Zeugen

Drei Prozesstage sind vorerst angesetzt. Doch die sind nur die Spitze des Eisberges. An diesen drei Tagen werden keine Zeugen zu Wort kommen. Und davon wurden in diesem Verfahren zahlreiche geladen. Allein die WKStA beantragte 18. Darunter den ehemaligen ÖBAG-Chef Thomas Schmid, der Kronzeuge werden will.

Auf seinen Aussagen beruht ein wesentlicher Teil des Strafantrages. Aber auch die ehemaligen Minister Hartwig Löger und Gernot Blümel sind als Zeugen beantragt, genauso wie Manager Siegfried Wolf.

Ex-Kanzler Kurz vor Gericht: Chats stehen wieder im Mittelpunkt

Der Große Schwurgerichtssaal im Landesgericht für Strafsachen in Wien

Der Strafantrag der WKStA ist 108 Seiten dick. Die wesentlichsten Inhalte wird die WKStA im Eröffnungsvortrag erläutern. „Chats don’t lie“ – Chats lügen nicht: Diesen markigen Sager benutzte die Anklagebehörde in einem anderen Verfahren. Doch es wird auch diesmal auf Chats hinauslaufen. Im Strafantrag sind davon jede Menge enthalten.

Und auch wenn diese „oft erkennbar unüberlegt, flapsig oder emotional gefärbt sind“, wie die Oberstaatsanwälte Gregor Adamovic und Christina Jilek im Strafantrag festhalten, sei der zentrale Aussageinhalt zumeist richtig und auch so gemeint. Entsprechend wird man diese Chats wohl auch beim Prozess präsentieren wollen, genauso wie die Tonaufnahmen der inkriminierten Aussagen im U-Ausschuss – ein Techniker wurde jedenfalls für den ersten Prozesstag angefordert.

In den folgenden Verhandlungstagen am 20. und 23. Oktober werden die Beschuldigten befragt. Sie alle haben im Vorfeld die Anschuldigungen zurückgewiesen. Der Ex-Kanzler hatte noch am vergangenen Freitag eine „Gegenäußerung zur Anklage“ bei Gericht eingebracht.

Wie viele Verhandlungstage nach Befragung der Angeklagten nötig sind, lässt sich aktuell nicht abschätzen. Weitergehen dürfte es aber frühestens im November.

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