Kassenfusion: "Kasperlkarussell" und Suche nach Wunderwuzzi

Kassenfusion: "Kasperlkarussell" und Suche nach Wunderwuzzi
Die Kassenreform bleibt umstritten, den rotierenden Vorsitz nennen Insider „Kasperlkarussell“. Wer managt den Koloss?

Mit dem Beschluss der Kassenfusion im Ministerrat hat die Bundesregierung einen kontroversiell diskutierten Schritt gesetzt. Die Kritik an der Sozialversicherungsreform reißt nicht ab. Nicht zuletzt deshalb, weil Türkis-Blau trotz massiver Bedenken vom Rechnungshof abwärts nur geringfügige Änderungen am Begutachtungsentwurf vorgenommen hat.

So richtig spannend wird es freilich erst im Frühjahr. Dann startet die Umsetzung einer für heimische Verhältnisse wirklich bemerkenswerten Großfusion zur Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) und ihren neun Landesfilialen, den bisherigen Gebietskrankenkassen.

Die Rede ist von einem Betrieb mit 19.000 Mitarbeitern, einem Umsatz von 14 Milliarden Euro und 7,1 Millionen Kunden – den Versicherten. Dem nicht genug, ist die ÖGK von Stunde Null an von etlichen Verfassungsklagen bedroht. Noch dazu müssen ihre Entscheidungsträger den heiklen Ausgleich zwischen den Interessen des Bundes, der Länder und des neuen Dachverbands finden.

Viel wird also von der neuen Führung abhängen. Umso mehr verwundert, dass die Regierung auf die Erfahrung der „alten Hasen“ wie etwa Hauptverbandschef Alexander Biach weitgehend verzichtet.

Klar ist nur: Ab 1. April 2019 übernimmt ein Arbeitgeber-Vertreter die erste Obmannschaft in der neuen ÖGK, und zwar bis 30. Juni 2020. Danach soll der Vorsitz halbjährlich zwischen Dienstgebern und Dienstnehmern wechseln. Dieselbe Rotation kommt in der Pensionsversicherung (PVA).

Kassenfusion: "Kasperlkarussell" und Suche nach Wunderwuzzi

Wer der erste ÖGK-Chef sein wird, ist fünf Monate vor seinem oder ihrem Start „total offen“, wie ein führender Arbeitgeber-Vertreter sagt. Nachsatz: „Wie so oft wird ein Wunderwuzzi gesucht.“

Dem nicht genug, sieht die oberste Leitung im neuen Dachverband wieder völlig anders aus. Dort soll der Vorsitz jährlich wechseln. Das heißt: Jedes Jahr kommt ein neuer Dachverbandschef aus den Reihen der fünf Träger, die er koordinieren soll – Gesundheitskasse, Pensionsversicherung, Selbstständigen-Versicherung, Beamten-Versicherung und Unfallversicherung.

7 Chefs in 5 Jahren

Es mutet absurd an, aber: Die halbjährliche Rotation in der ÖGK und PVA führt im Dachverband zu sieben verschiedenen Vorsitzenden in einer fünfjährigen Funktionsperiode.

Wie das jemals praxistauglich gelebt werden soll, ist selbst Intim-Kennern der Sozialversicherung noch mehr als unklar. „ Kasperlkarussell“ ist ein Begriff, der herumgeistert. „Hüh-Hott-Management“ ein anderer. In der etwas sperrigen Sprache der Hauptverband-Stellungnahme zur Reform hieß es dazu: „Das ist organisatorisch, manageriell und wirtschaftlich dysfunktional.“

Regierung beschließt umstrittene Sozialversicherungs-Reform

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