Wie die Vertraute von Sebastian Kurz den Absturz seines politischen Projekts erlebt und ihre eigene Vorladung vor den U-Ausschuss verarbeitet hat – und was sie anders machen würde
Der Politik-Virus hat sie noch immer nicht losgelassen, obwohl die PR-Lady mittlerweile vor allem mit Konferenzorganisation beschäftigt ist.
KURIER:Sie organisieren gerade den dritten Kitz-Summit. Was erwartet die Gäste?
Gabi Spiegelfeld: Unser Ziel ist eine kleine, feine, gut kuratierte Wirtschaftskonferenz mit internationalen Experten im Juni. Wir versuchen, Trends aufzunehmen und diese lösungsorientiert zu diskutieren.
Davor haben Sie den Salzburg Summit für die Industriellenvereinigung organisiert. Nachdem beim zweiten Mal die gesamte ehemalige türkise Prominenz rund um Sebastian Kurz auftauchte, bekam die IV kalte Füße und kündigte die Zusammenarbeit mit Ihnen auf. Hat Sie das geärgert?
Als die Einladungen ausgeschickt wurden, war die türkise Polit-Prominenz noch im Amt. Ich konnte doch nicht einen ehemaligen Bundeskanzler wieder ausladen! Es waren zwei wunderbare Veranstaltungen. Die Idee dazu ist auf der Terrasse des Sacher entstanden mit dem Chef Matthias Winkler, der in Salzburg etwas für die Wirtschaft machen wollte. Böse bin ich nicht, sondern ich bin neue Wege gegangen und erreiche in Kitzbühel aufgrund der Deutschland-Nähe besser den DACH-Raum.
Haben Sie mit der Politik also abgeschlossen?
Nein. Ich bin ein politischer Mensch und werde mich immer damit befassen!
2003 haben Sie eine überparteiliche Fraueninitiative gegründet, Salons und Diskussionsveranstaltungen erfunden – und hatten damals gleichermaßen zu Rot und Schwarz gute Kontakte. Warum haben Sie sich später so stark auf nur einen Kunden, Sebastian Kurz, fokussiert? Die Formate, die ich für ihn organisierte, waren zeitaufwendig. Später war er dann nicht nur Kunde.
Sondern ein Freund?
Anfänglich war er ein guter Bekannter, und dann natürlich ein Freund. Diese Aufbruchstimmung hat mir irrsinnig gut gefallen. Dass es wieder eine Politik zum Angreifen gibt. Mein Bild von Politikern war davor immer, als säßen sie in einer Art gläserner Kugel – herauswinkend auf der Ringstraße. Auch die Mannschaft rund um Kurz herum hat mich beeindruckt: dass junge Menschen so viel Zeit für das Land, für das Thema und den Aufbruch verbringen.
Genau das wurde ihm aber auch vorgeworfen: Dass er einen engen Kreis um sich geschart hatte mit zu wenig Kontakt zum Rest der Partei.
Es war halt so eine andere Bewegung im Vergleich zur alten ÖVP, die ein bissl starrere Strukturen hatte. Das war eine völlig neue Situation. Ich hätte die ÖVP zum damaligen Zeitpunkt nicht gewählt, sondern habe den Spitzenkandidaten gut gefunden und unterstützt.
In einem Profil-Artikel stand einmal über Sie: „Mehr Handy-Nummern von wichtigen Menschen hat niemand im Land, außer vielleicht die Bundestrojaner-Abteilung im Innenministerium“. War das übertrieben?
Das war witzig und natürlich ein wenig überspitzt. Ich bin kein wandelndes Telefonregister, aber sehr stolz auf meine vielen Kontakte.
Dank Ihres Netzwerkes haben Sie reiche Spender aus der Wirtschaft für Kurz und sein Team gewonnen. Später wurde das dann in die Nähe der Korruption gerückt. Auf diesen Veranstaltungen gab es eine große Willkommenskultur für die Wirtschaft. Davor war sie ja von der Politik entkoppelt. Durch Sebastian Kurz hat man sich wieder für die Politik interessiert. Die haben gefragt: „Wie können wir unterstützen?“ Das war damals völlig strafrechtskonform, ich wüsste nicht, was daran falsch war.
Wegen Ihrer guten Kontakte zu Kurz und Thomas Schmid sind Sie dann auch selbst ins Visier der Staatsanwaltschaft gekommen, Ihre private und berufliche Konversation wurde durch das konfiszierte Schmid-Handy öffentlich. Sind Sie sauer auf ihn? Er hat das türkise Projekt letztlich gesprengt.
Ja, aber ich versuche auf niemanden wütend zu sein.
Ich sehe ihn wenig, er lebt im Ausland. Ich glaube, dass sich kein Mensch mehr für ihn interessiert.
Das glaube ich nicht, denn durch den Kronzeugenstatus wird er medial wieder Thema werden. Und Ihr Leben hat er ja auch auf den Kopf gestellt. Wie entsetzt waren Sie, als Ihre, oft recht flapsigen Konversationen an die Medien gespielt wurden?
Das war sehr unangenehm, und ich war fassungslos, weil es doch so etwas wie ein Briefgeheimnis gibt. Vieles wurde aus dem Zusammenhang gerissen, und man kann sich gar nicht wehren.
Sie sagten darin „Die Weiber gehen mir auf die Nerven“.
Das war unelegant. Ich würde es sicher nicht mehr so formulieren. Jeder, der mich kennt, weiß, dass ich Frauen unterstütze. Ich habe 2003 den „Klub für Frauen“ mit Eva Glawischnig gegründet.
Wie kam es denn zu dem Satz?
Ich bin gebeten worden, in meinem überparteilichen Frauennetzwerk nach Aufsichtsrätinnen zu suchen, habe den ganzen Tag telefoniert und viele Absagen erhalten. Ich dachte mir: „Das kann’s nicht sein. So viele tolle Frauen, und sie waren einfach nicht bereit.“ Wenn ich mir aber anschaue, dass man heute über die Herdprämie diskutieren muss – wo Frauen aufs Kochen reduziert werden –, würde ich sofort wieder zum Telefon greifen, um stattdessen Frauen für Top-Positionen zu suchen.
Bereuen Sie dennoch nachträglich etwas? Sie wurden zu einer Art Feindbild.
Es war nicht lustig, und ich habe eine Zeit lang gebraucht, es zu verarbeiten.
Netzwerkerin Gabi Spiegelfeld zu Gast im "Salon Salomon"
Sie mussten vor dem Ibiza-Untersuchungsausschuss aussagen.
Die Stimmung dort war beklemmend.
Feindselig?
So habe ich es empfunden. Man kommt plötzlich in eine seltsame Situation. Ja, ich habe eine Bewegung und einen Menschen unterstützt. Was war daran falsch? Dieses Mäzenatentum, wie es zum Beispiel in den USA herrscht, gibt es halt bei uns nicht.
Ein Gefühl wie auf der Anklagebank?
Man weiß nicht, was auf einen zukommt. Die vielen Fragen – und man muss aufpassen, dass man sich nicht widerspricht. Ich möchte es nicht mehr erleben.
Was war das Schlimmste?
Dass mich ein Abgeordneter zwei Stunden lang mit dem Fernglas beobachtet hat.
Haben Sie eigentlich noch Freunde in anderen Parteien? Ja sicher, ich wähle meine Freunde ja nicht nach Parteizugehörigkeit aus. Es gibt auch bei Roten, Grünen und Blauen Nette.
Wie wird man zur erfolgreichen Netzwerkerin?
Ich habe sicher Jahrzehnte damit verbracht, es aufzubauen. Das Wichtigste ist, eine Balance zu schaffen zwischen Geben und Nehmen.
Sie sind quasi ein „Scheißmirnix“, gehört diese Unbekümmertheit auch zu Ihrem Erfolgsrezept?
Ja, ich bin unbekümmert, aber nach meinen U-Ausschüssen war ich eine Zeit lang ein bissl schmähstad. Da bin ich lieber auf die Alm mit meinem Hund gegangen. Gott sei Dank habe ich mich jetzt wieder gefunden, samt meinem Humor und, ja, meinem Zynismus.
Ist die Politik ein Virus, der Sie und auch Kurz gepackt und nie mehr losgelassen hat?
Ja. Sebastian Kurz ist der geborene Politiker. Er hat das großartig gemacht und sieht sich sicherlich auch langfristig wieder in der Politik.
Sie kommen aus der wohlhabenden Familie Quester (Baustoffhandel). Theoretisch könnten Sie nur noch Golf spielen mit den Reichen und Schönen.
Ich bin Gott sei Dank nie auf meine Familie reduziert worden und habe immer gearbeitet. Alles, was ich erreicht habe, habe ich mir selbst geschaffen. In meiner Familie waren alle extrem fleißig. Ich habe mich sehr an meinem Vater und meinem Großvater orientiert, der den Familienbetrieb aufgebaut hat. Ich glaube, dass ich eine gute Bodenhaftung habe.
Sie leben in Wien, Kitzbühel und auf Mallorca. Wo ist Ihr Lebensmittelpunkt?
In Österreich. Ich bin sehr viel in Wien, liebe aber auch die Berge.
Zur Person Gabi Spiegelfeld ist PR-Unternehmerin, Netzwerkerin und Konferenzorganisatorin.
Von 11. bis 13. Juni findet zum dritten Mal der von ihr mitinitiierte „Kitz Summit“ statt: eine Wirtschaftskonferenz, bei der heuer u. a. US-Politologe Patrick Deneen, der COO von Springer, Claudius Senst, und der deutsche Ex-Politiker Karl-Theodor zu Guttenberg zu Wort kommen.
Spiegelfeld zählte zur engen Organisationsgruppe rund um Sebastian Kurz und wurde wegen ihrer Chats mit Thomas Schmid im Ibiza-Untersuchungsausschuss vorgeladen, wo es um mögliche illegale Parteispenden ging. Strafrechtlich blieb dies für sie aber konsequenzenlos.
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