Haben Sie als Vorarlbergerin das Wiener Parkett unterschätzt? Zum Beispiel ist auch der spätere Nobelpreisträger Anton Zeilinger davongerannt, als Sie das Elite-Institut Institute of Science and Technology Austria (ISTA) in Klosterneuburg gegründet haben – und erst später zurückgekehrt.
Er hat eine Elite-Uni gefordert, und wir hatten dafür eigentlich kein Geld. Aber Wolfgang Schüssel und Karl-Heinz Grasser waren dafür, und so habe ich begonnen, das umzusetzen. Kurz vor der Wahl bekamen dann manche Angst, mit Schüssel auf einem Foto zu sein. Aber am Ende ist es sehr erfolgreich geworden.
Wie finden Sie Karl-Heinz Grassers Verurteilung?
Juristisch kann ich es nicht beurteilen. Aber ich finde es arg, dass man einen Menschen 20 Jahre lang verfolgt und sein Leben kaputt macht. Er ist ruiniert.
Ist Schulpolitik eigentlich ein noch schwierigeres Bohren harter Bretter als die Unipolitik?
Wir waren von der Finanzierung her an der Spitze Europas und sind es glaube ich immer noch. Man kann in diesem Ressort unglaublich viel verändern. Wir haben damals jede Menge Schulen gebaut. Es gibt nun viel mehr Möglichkeiten, Matura zu machen.
Jetzt erreicht man aber oft nicht einmal mehr die simpelsten Unterrichtsziele.
Ich glaube nicht, dass es so schlecht ist. Vieles wird auch schlecht geredet. Wir haben gute Schulen und gute Lehrer. Herausfordernd ist, dass viele Kinder aus fremden Ländern kommen. Für die muss man sich Zeit nehmen. Gerade im Bildungsbereich sollen alle Verantwortung tragen. Da ist der neue Minister am richtigen Weg: Verantwortung hat die Politik, haben Lehrerinnen und Lehrer, aber auch die Eltern.
Im Schulwesen prallt viel Ideologie aufeinander – Stichwort Gesamtschule, über die auch in Ihrer Zeit gestritten wurde.
Es gibt schlechte und es gibt gute Gesamtschulsysteme, es gibt schlechte und gute, differenzierte Systeme. Ich denke, dass wir ein gutes, differenziertes Schulsystem haben, und an dem müssen wir weiterarbeiten.
Riesenwirbel gab es um die „Verhaltensvereinbarungen“, die Sie für die Schulen eingeführt haben.
Ich glaube, es war eine gute Idee, aber jetzt habe ich nie mehr davon gehört.
Wären Sie noch gerne Lehrerin?
Ich war am Land Lehrerin, und da war es sehr schön. Ich habe 51 Kinder unterrichtet: erste und zweite Klasse gemeinsam. Manche Kinder sind über eine Stunde in die Schule gegangen. Und die Eltern haben mitgearbeitet.
Frauenförderung war Ihnen ein großes Anliegen. Schlägt das Pendel wieder zurück?
Auf Frauenförderung habe ich großen Wert gelegt, aber immer gesagt, dass es auf die Qualität ankommt: Wenn zwei gleich gut sind, nehme ich die Frau. Wenn der Mann besser ist, muss der Mann genommen werden.
Wie schwierig war es für Sie selbst, sich durchzusetzen?
Ich habe kein Problem gehabt, habe mir aber auch nie ein Blatt vor den Mund genommen. Den Sektionschefs habe ich zu Beginn meiner Amtszeit gesagt: „Wenn Sie mit mir arbeiten, ist es gut. Wenn Sie gegen mich arbeiten, wird es Konsequenzen haben.“ Keiner hat gegen mich gearbeitet. Meine Tür war offen, ich habe auch keinen Unterschied bei der Parteizugehörigkeit gemacht. Und ich habe einen sehr guten Büroleiter gehabt.
Sie galten als eher resch.
Man sagt seine Meinung, das ist wichtig.
Rückblickend: Was hat den größten Wirbel all Ihrer Maßnahmen ausgelöst?
Sicher die Studiengebühren, da hat es Mordswirbel gegeben – obwohl die richtig waren. Vielleicht hätte ich mir dafür mehr Zeit nehmen und es mit Gesprächen vorbereiten sollen. Andererseits kann man so eine Maßnahme nie einvernehmlich machen.
War das nie belastend?
Also bei den Studiengebühren habe ich ehrlich gesagt kurz überlegt, ob ich nicht heimgehen und den ganzen Krempel lassen sollte. Aber da ist der Wolfgang Schüssel mit einem Blumenstrauß gekommen und hat gesagt: „Bitte, mach weiter.“
Schüssel, Willi Molterer und Sie waren ein starkes Trio, sind sogar als Volksliedgruppe aufgetreten, wo Sie Querflöte gespielt haben.
Ja. Der Wolfgang hat immer versucht, aus der ganzen Regierungsmannschaft ein Team zu machen – auch mit dem Koalitionspartner.
Jörg Haider hat aber im Hintergrund immer gezündelt.
Es ist tatsächlich schwierig, wenn da ein Mensch ist, der es nicht verwinden kann, dass nicht er an der Stelle des Vizekanzlers oder des Kanzlers sitzt. Wenn das nicht gewesen wäre, hätten wir mit Susanne Riess lange eine gute Regierung gebildet. Aber ich habe in meiner Regierungszeit das Wort „Problem“ verboten und lieber von Herausforderungen gesprochen. Ich habe es gehasst, wenn da immer die Bedenkenträger herumgesessen sind.
Dennoch gab es – auch eine internationale – Daueraufregung rund um Schwarz-Blau.
Ich war von Vorarlberg her gewohnt, mit der FPÖ zusammenzuarbeiten. Freiheitliche sind ja nichts Schlechtes – das sind Liberale.
Würden Sie Herbert Kickl als liberal bezeichnen?
Nein, ihn nicht.
In Ihre Amtszeit ist auch der Saliera-Raub gefallen, was Sie und den damaligen Museumsdirektor Wilfried Seipel stark in die Kritik brachte. Er bot seinen Rücktritt an, was Sie nicht angenommen haben.
Warum sollte er zurücktreten? Er hatte sie ja nicht gestohlen! Die Kritik war total überzogen. Die Burghauptmannschaft hat ein Gerüst aufgestellt, und der Dieb ist darüber hineingeklettert. Ein Gutes hat das Ganze gehabt: Die Saliera, die vorher niemand kannte, ist nun das Highlight im Museum.
2003 haben Sie im „Presse“-Interview Kinder als die beste Zukunftssicherung bezeichnet und gesagt: Der Sinn des Lebens sei es nicht, von Party zu Party zu rauschen. Das wurde danach zugespitzt, der Slogan „Kinder statt Partys“ brachte es sogar zum Satz des Jahres und bescherte Ihnen eine Menge Ärger.
Damals wurde wieder einmal über das Pensionssystem diskutiert, und ich meine noch heute: Die wichtigste Zukunft sind die Kinder. Aber „Kinder statt Partys“ habe ich nie gesagt. Trotzdem ist das an mir picken geblieben. So kleine Signale in der Politik machen plötzlich unerwartetes Aufsehen. Auch heute ist das noch so: Wenn sich ein Staatssekretär ein riesiges Auto kauft, macht das alles kaputt an Sparideen und wird wahrscheinlich auch an ihm kleben bleiben. Aber ich habe die Politik mit einem positiven Gefühl verlassen.
Wie war es, nach 12 Jahren wieder als „Hausfrau“ zum Mann zurückzukehren?
Es war ganz einfach: Ich habe wieder wie vorher auch daheim die Entscheidungen übernommen, habe das Haus umgebaut und den Garten umgestaltet, und ihn hat’s gefreut.
Kommentare