Pilz tritt Richtungsstreit los: "Müssen volksnäher werden"

Dem Rechtspopulismus von FPÖ-Chef Strache will der Grüne Pilz Linkspopulismus entgegenhalten
Lehren aus Minus. Stimmenverluste in Wien sorgen für Nachwehen im Parlamentsklub: Einige Mandatare fordern Kurswechsel, andere halten dagegen.

Die Nachwahl-Wehen der Grünen sind groß. Statt Zugewinn ein Minus. Und externe Kritik daran, dass Maria Vassilakou Parteichefin bleibt, obwohl sie im Wahlkampf kundgetan hat, im Falle eines Verlusts zu gehen. Nicht nur diese "unnötige" Ankündigung, die die Partei Glaubwürdigkeit kostet, missfällt Grünen. Auch die Positionierung wird bekrittelt.

Nationalratsmandatar Peter Pilz möchte seine Partei zur linkspopulistischen Alternative für Protestwähler machen. Via profil fragt er rhetorisch: "Wir stehen unabhängig vom Wiener Wahlergebnis vor einer historischen Entscheidung: Bleiben wir ein Anhängsel von Rot und Schwarz? Ein grüner Schwanz am halbtoten Hund? Dann liegt unser Plafond als liberale Ökopartei bei zwölf bis 13 Prozent. Oder bilden wir einen linkspopulistischen Gegenpol zu den Nationalisten?"

Darüber, in welche Richtung die Ökos gehen sollen, um bei kommenden Wahlen besser abzuschneiden, wurde in der gestrigen Sitzung des Nationalratsklubs mit Verve debattiert. Pilz ist mit seinem Ansinnen nicht allein, etliche Abgeordnete sind seiner Meinung. Darunter Harald Walser und Bruno Rossmann. Er halte den Begriff "populistisch" zwar für "problematisch, weil Sachorientiertheit immer unser Asset war. Darin, dass wir knackiger und kerniger formulieren müssen, stimme ich zu hundert Prozent mit Peter Pilz überein", sagt Walser dem KURIER. Mit dem "gehobenen Vermittlungsstil" sollte Schluss sein: "Wir müssen dem Volk aufs Maul schauen – in dem Sinne, dass wir uns klarer positionieren und komplexe Sachverhalte einfacher formulieren." Die Standpunkte seiner Partei seien gut: "Wir neigen aber oft zu akademischem Diskurs, statt Klartext zu reden. Wir sind auch gefangen darin, was politisch korrekt oder unkorrekt ist; das wird bei uns oft übertrieben. Wir müssen volksnäher werden."

Rossmann urteilt: "Wir haben verabsäumt, den Veränderungen der Arbeitswelt und der Lebenswelt der Menschen Rechnung zu tragen." Und er verweist im KURIER-Gespräch auf das Buch "Die populistische Lücke", in dem empirisch nachgewiesen werde, "was wir in Wien erlebt haben. Dass prekäre Arbeitsverhältnisse den Blauen in die Hände spielen." Er sei "nicht naiv, zu glauben, dass wir alle Protest- oder FPÖ-Wähler gewinnen können, aber ein Potenzial gibt es." An der griechischen Syriza sehe man, "dass eine populistische Linkspartei erfolgreich sein kann; was nicht heißt, dass sie uns als Vorbild dienen muss."

Für die Mandatarinnen Sigrid Maurer und Daniela Musiol ist kein Kurswechsel vonnöten. Die Grünen seien "eine Linkspartei". Sie sei "eine linke Politikerin und immer für linke Politik abzuholen", sagt Musiol. Maurer befindet: "Mehr Populismus ist nicht die richtige Antwort."

Grünen-Chefin Eva Glawischnig verwahrte sich in der ZiB 2 gegen interne Kurs-Kritik, ließ aber mit der Äußerung aufhorchen, Vassilakou werde die Grünen „jedenfalls in die Koalitionsverhandlungen mit der SPÖ führen“. Keine Garantie also, dass sie danach noch an der Parteispitze steht.

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