Pensionsreform: Schelling erntet Kritik für seine Pläne
In Sachen Pensionsreform hat sich Finanzminister Hans-Jörg Schelling (ÖVP) einmal mehr für eine Automatik bzw. Mechanik, die die steigende Lebenserwartung für das Pensionssystem berücksichtigt, ausgesprochen. Die Reformpläne von Schelling würden auch eine Verschlechterung beim Pensionskonto bedeuten. Das berichtet der orf im Ö1-Morgenjournal.
Auch das Thema Anhebung des Frauenpensionsalters (wenn auch im Zuge eines Gesamtpakets) soll laut Finanzminister möglichst rasch vollzogen werden. Die Verhandlungen zur Pensionsreform seien im vollen Gange, am 29. Februar werden die Ergebnisse präsentiert.
Kritik vom Koalitionspartner
Dafür hagelt es jetzt Kritik von NEOS und vom Koalitionspartner SPÖ. Deutliche Ablehnung kommt so von SPÖ-Klubobmann Andreas Schieder: „Eine Kürzung von bis zu einem Drittel der zukünftigen Pensionen wird es mit uns nicht geben. Denn darauf läuft der Vorschlag von Finanzminister Schelling, Änderungen bei der Valorisierung des Pensionskontos durchzuführen, letztendlich hinaus. Die Menschen müssen Vertrauen in die Maßnahmen haben und dürfen nicht durch ständige Verschlechterungsvorschläge verunsichert werden“, so Schieder.
Berechnungen der Europäischen Kommission zeigen, dass trotz eines Zuwachses der Älteren in unserer Gesellschaft die Pensionsausgaben nur äußerst moderat steigen. „Bis 2060 werden die Pensionsausgaben um nicht einmal einen halben BIP-Prozentpunkt zunehmen. In der gleichen Zeit wird der Anteil der über 65-Jährigen an der Bevölkerung um rund 60 Prozent wachsen. Das System ist also langfristig und nachhaltig finanzierbar“, betont Schieder.
"Das würde die jüngere Generation massiv treffen"
Weder Pensionsautomatik, die rein auf den Anstieg der Lebenserwartung abzielt, noch die vorzeitige Anhebung des Frauenpensionsantrittsalters sind für Schieder mögliche Änderungen. „Die Zahlen entwickeln sich stabil, das Antrittsalter steigt, die Zuschüsse sind niedriger als prognostiziert - wir liegen gut im Plan und brauchen bestimmt keine Einschnitte“, so Schieder. Die Pensionsautomatik stelle dagegen einen falschen Zusammenhang zwischen der Lebenserwartung und der Sicherheit der Pensionen her. „Sie ist in erster Linie eine Verunsicherungsautomatik, weil niemand mehr weiß, wann er oder sie in Pension gehen kann. Das würde die jüngere Generation massiv treffen“, betonte Schieder.
Reformbedarf besteht für ihn allerdings beim Ungleichgewicht zwischen den unterschiedlichen Beitragssystemen: „Während bei den ASVG-Pensionen rund 85 Prozent des Gesamtaufwandes durch Beiträge der Versicherten abgedeckt sind, muss der Bund bei den Selbstständigen deutlich mehr als die Hälfte zuschießen und bei den Bauern sogar fast 80 Prozent“, erläutert Schieder.
Ähnlich äußert sich SPÖ-Geschäftsführer Gerhard Schmid: „Wir sparen nicht bei den Alten, Armen und Kranken. Das muss die ÖVP endlich akzeptieren. Die wiederholten Kürzungsfantasien der ÖVP bedeuten nur massive Verschlechterungen für junge und ältere Menschen. Mitterlehner und Schelling wären gut beraten, sich endlich an die im Regierungsprogramm vereinbarten Zielsetzungen und Maßnahmen zu halten. Für die SPÖ ist klar: Wir brauchen Arbeitsplätze für ältere Menschen, statt schwarz-blauen Sozialabbau und Pensionsraub. Nur durch Beschäftigung kann man Pensionen nachhaltig sichern.
Sozialministerium: Kürzung bis zu 26 Prozent
Die von Schelling ins Spiel gebrachte Aufwertung der Gesamtgutschrift im Pensionskonto mit der Inflation anstatt der Lohnsteigerung würde nach Berechnungen des Sozialministeriums eine Pensionskürzung bis zu rund einem Viertel bedeuten.
Das Ressort von Alois Stöger (SPÖ) berechnete als Beispiel einen Arbeitnehmer, der jetzt ins Berufsleben einsteigt und dann nach einer 40-jährigen Karriere mit Durchschnittseinkommen im Alter 65 Jahren in Pension geht. Wird das Pensionskonto statt mit der angenommenen Lohnsteigerung von drei Prozent mit einem Verbraucherpreisindex von zwei Prozent jährlich aufgewertet, dann ergibt dies gesamt eine um 18 Prozent niedrigere Pension. Nimmt man die im Langfristgutachten der Pensionskommission verwendeten Lohnsteigerung von durchschnittlich 3,5 Prozent als Basis und wertet stattdessen wieder mit einem Verbraucherpreisindex von zwei Prozent das Pensionskonto auf, ergibt dies gesamt eine um 26 Prozent niedrigere Pension.
NEOS: Besser bei Luxuspensionen kürzen
Viel besser wäre es bei Luxuspensionen und Privilegien zu kürzen, sagen die NEOS. „Der jüngste Vorschlag von Finanzminister Schelling zur Reform des Pensionssystems ist eine Zumutung für alle aktiv Erwerbstätigen, die das System tragen. Mit seiner Forderung nach Einschnitten beim Pensionskonto trifft er vor allem jene ASVG-Versicherten, die schon jetzt das schlechteste Pensionsrecht haben. Luxuspensionisten und Beamte bleiben dagegen weiterhin im Pensionsparadies“, kritisiert NEOS-Sozialsprecher Gerald Loacker die Pläne des Finanzministers. „Wir verlangen als erste Maßnahme eine Harmonisierung der verschiedenen Pensionssysteme“, erklärt der NEOS-Sozialsprecher. „Das bedeutet, dass das Pensionskonto auch für Beamte ab Jahrgang 1955 gelten muss. Diese ÖVP-Klientel will Schelling natürlich verschonen.“
SPÖ-Bundefrauengeschäftsführerin Andrea Brunner erteilt einer möglichen Anhebung des Frauenpensionsalters eine klare Absage: „Angesichts der angespannten Arbeitsmarktsituation von einer frühzeitigen Anhebung zu sprechen, ist verantwortungslos. Das einzige, was die ÖVP damit erreicht, ist eine Verunsicherung der Frauen“, so Brunner. „Ältere ArbeitnehmerInnen haben schon jetzt große Schwierigkeiten einen neuen Job zu finden, wenn sie ihren verlieren.“
„Wir wollen Frauen stärken. Das machen wir mit Arbeitsmarktinitiativen und gezielter Frauenförderung. Das Frauenpensionsalter wird wie vereinbart erst ab 2024 angehoben“, stellt Brunner klar.
Pensionsexperte Marin skeptisch
Der Pensionsexperte Bernd Marin äußert sich skeptisch zu den Vorschlägen von Finanzminister Schelling. Marin meint, dass bis zu einem Drittel der Pensionsbemessungsgrundlage verloren gehen könnte, wenn die derzeit geltende Regelung für die jährliche Valorisierung des Pensionskontos in Frage gestellt werde. Angesichts der Patt-Stellung zwischen SPÖ und ÖVP schlägt der Pensionsexperte übrigens vor, die Parteien sollten auf eine Gemeinsamkeit setzen und endlich die betriebliche Pensionsvorsorge stärken, die in Österreich unterentwickelt sei – so Marin im Ö1-Morgenjournal.
Rückendeckung erhält Schelling von ÖVP-Generalsekretär Peter McDonald: „Es ist sehr schade, dass die SPÖ die Menschen in Österreich mit ihren Äußerungen verunsichert."
Dennoch ist klar: Renommierte Organisationen, wie die OECD, das Wifo, die EU-Kommission undder IWF, bescheinigen Österreich einen deutlichen Handlungsbedarf bei den Pensionen. „Um die Ausgestaltung der empfohlenen Maßnahmen zur langfristigen Sicherung der Pensionen geht es in den Verhandlungen. Die SPÖ ist gefordert,sich endlich konstruktiv einzubringen, und sachlich zudiskutieren. Alles andere führt nur zu Unsicherheit bei denMenschen in unserem Land“, stellt McDonald klar. „Es soll keinen Eingriff in bestehende Pensionen geben, sondern wir wollen im Gegenteil dafür sorgen, dass auch in Zukunft alle von sicheren Pensionen profitieren können. Denn wir sind es unseren Kindern und Enkelkindern schuldig, die notwendigen Weiterentwicklungenanzugehen, um die Pensionen nachhaltig zu sichern.“
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