Optimismus vor Klimaschutz-Gipfel

Optimismus vor Klimaschutz-Gipfel
In Paris findet die entscheidende UNO-Konferenz statt. Greenpeace-Chef Egit im KURIER-Interview.

KURIER: Haben Ihnen der heiße Sommer und der herrlich warme Herbst Sorgen gemacht?

Alexander Egit: Wenn man in der Lage ist, in der Sonne zu liegen und sich im Wasser abzukühlen, hat man es im Sommer fein. Aber wenn Landwirte durch Dürren massive Ausfälle haben, sieht man schon, dass das eine frühe Ankündigung für den Klimawandel ist, mit dem wir künftig öfter rechnen müssen.

Wie meinen Sie das?

Wir haben schon seit zehn Jahren eine extreme Entwicklung, auch in Österreich. Sektoren wie die Landwirtschaft müssen sich auf diese groben Veränderungen einstellen. Für den Alpenbereich hat das dramatische Konsequenzen. Die Überschwemmungsgefahr wird massiv zunehmen, weil die Schneegrenze steigt, und das Wasser nicht mehr in Form von Schnee gebunden werden kann.

War nicht sogar beim Syrienkonflikt eine Dürre ursächlich?

Optimismus vor Klimaschutz-Gipfel
APA4461202-2 - 01072011 - WIEN - ÖSTERREICH: Greenpeace-Geschäftsführer Alexander Egit am Freitag, 01. Juli 2011, im Rahmen eines Energiegipfels "gegen Atom" im Wiener Bundeskanzleramt. APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH
Ja, dadurch gab es eine ganz wesentliche Destabilisierung des Landes. Viele Menschen hatten deshalb keine Lebensgrundlage mehr. Sie flohen in die Städte, um zu überleben, dort eskalierte die Situation aber. Das Problem ist aber viel größer. Wir haben heute 60 Millionen Flüchtlinge, davon ist die mit Abstand größte Zahl Umweltflüchtlinge. In Bangladesch gibt es die Gefahr des Anstiegs des Meeresspiegels, im Inselreich Tuvalu werden ganze Inseln abgesiedelt. Deswegen ist Klimaschutz weltweit so wichtig, um die Flüchtlingsproblematik bei den Wurzeln zu packen.

Science Buster Werner Gruber sagte, es gibt den Klimawandel, aber wir haben daran keine Schuld, alles ist natürlich.

Der Herr Gruber ist dafür für den Black Globe nominiert worden. Der Negativpreis zeichnet die prominentesten Klimawandel-Leugner und Klimaschutz-Bremser aus. Er war nur nicht in der Lage, Ex-FPÖ-Frau Susanne Winter zu schlagen, die wirklich in herausragend blöder Weise den Klimawandel als Humbug und Lügengebäude bezeichnet hat.

In wenigen Tagen startet die 21. Klimakonferenz in Paris. Warum soll dort ein Durchbruch gelingen, wenn das in den 20 Konferenzen davor nicht der Fall war?

Weil man bisher nicht in der Lage war, zu einer gemeinsamen Sicht zu kommen. Paris wird die entscheidende Konferenz. Sie ist für mich auch die letzte Hoffnung, dass etwas vernünftiges rauskommt. Aber ich bin derzeit sehr optimistisch.

Haben wir derzeit kein Klimaschutz-Abkommen?

Bisher gab es nur die Kioto-Periode von 2008 bis 2012, wo es ein verbindliches Klimaschutzabkommen gab. In Kopenhagen 2009 hätte ein Folgeabkommen von 2013 bis 2020 fixiert werden sollen. Die Konferenz scheiterte aber. Deshalb gibt es derzeit kein Klimaabkommen. In Paris soll ein Abkommen ratifiziert werden, das ab 2020 gilt. Das wird gelingen.

Was ist das Ziel der Konferenz?

Eine Verpflichtung von allen Staaten, das 2°-Ziel zu erreichen. Die Erde darf sich nicht wärmer als 2° Celsius zu vorindustriellen Werten aufheizen. Dafür gibt es eine Reihe von Maßnahmen. Etwa eine Begrenzung des CO2-Ausstoßes, je nach Länder und Regionen differenziert. Und es geht um die Finanzierung von Maßnahmen.

Wer sind bei den Konferenzen denn die good und die bad guys beim Klimaschutz?

Die Europäer waren immer die Treiber für ein Klimaschutzabkommen, die würde ich schon zu den good guys zählen. Positiv sind auch viele Länder, die direkt vom Klimawandel betroffen sind, also etwa die vielen kleinen Inselstaaten. Ganz auf der anderen Seite stehen die Öl produzierenden Staaten, allen voran Saudi-Arabien. Aber ganz wichtig ist, dass sowohl die USA als auch China jetzt massive Schritte für den Klimaschutz gesetzt haben und setzen werden.

Es soll zudem einen Klimaschutz-Fonds geben, worum geht es da?

Die Entwicklungsländer und die Schwellenländer sehen es als Bedingung, dass die Industriestaaten aufgrund ihrer historischen Schuld des CO2-Ausstoßes in einen Fonds einzahlen, damit sie überhaupt selbst zu Maßnahmen bereit sind.

Ziel sind ab 2020 jährlich einhundert Milliarden Dollar – klingt das nicht utopisch?

Der Erdöl-Sektor wird jährlich mit 5300 Milliarden Dollar subventioniert, auch bei uns. Das zu zählen etwa Gesundheitskosten, Abwrackprämien oder Dienstwagensubventionen. Insofern ist das ein überschaubarer Betrag.

Wofür wird das Geld verwendet?

In einigen Länder kommen die Klimaschutzmaßnahmen zu spät, dort muss man sich anpassen, etwa durch den Bau von Dämmen wie in den Niederlanden. Oder es geht einfach darum, die Lebensgrundlage von Menschen zu sichern, etwa durch Bewässerung. Auch das Nicht-Abholzen von Regenwald wird finanziell belohnt.

Ist Österreichs Rolle beim Klimaschutz eine positive?

Nein. Wir haben das Kioto-Ziel nicht aus eigener Kraft geschafft, wir zahlen zu wenig in den Klimafonds der UNO ein. Und wir tun generell nur das absolute Minimum. Klimaschutz besteht bei uns nur aus Sonntagsreden.

Optimismus vor Klimaschutz-Gipfel

In Zeiten von Terror und Kriegen wird es nicht leicht, den Fokus auf ein anderes bedrohliches Thema zu legen: Die Klimaerwärmung ist real, sie ist von den Menschen (vor allen den Industrienationen) verursacht; und sie wird enorme Auswirkungen auf das Leben auf unserem Planeten haben.

Seit Ende des letzten Jahrtausends laufen aber erhebliche Bemühungen, die verheerenden Auswirkungen so gering wie möglich zu halten. Es stimmt, die Klimakonferenz von Kopenhagen 2009 ist mit diesem Anliegen spektakulär gescheitert. Aber seither wurde weiterverhandelt. Und in einer Woche beginnt in Paris eine hoffentlich historische Konferenz, bei der tatsächlich ein wirksamer Klimaschutzvertrag besiegelt werden könnte. Das ist eine wirklich gute Nachricht in wirklich schweren Zeiten.

Im Grunde geht es darum, der Weltwirtschaft die fossilen Brennstoffe, Erdöl, Erdgas und Kohle, vollständig zu entziehen und so den Anstieg der Erderwärmung bis Ende des Jahrhunderts unter 2° Celsius (gegenüber vorindustriellen Werten) zu begrenzen. Rund 1° Celsius ist die Erde ohnehin schon wärmer geworden. Zudem geht es darum, einen Klimafonds jährlich mit 100 Milliarden Dollar zu füllen, damit Schwellen- und Entwicklungsländer sich gegen die Folgen des Klimawandels wappnen und Klima-neutrale Technologien kaufen können.

Österreichs Politik konnte das Thema bisher stiefmütterlich behandeln, weil wir im internationalen Vergleich einen sehr hohen Anteil an CO2-armer Wasserkraft haben. Diesen Vorsprung werden wir bald eingebüßt haben. Dann werden nur mehr spürbare Maßnahmen zählen, wenn wir bis 2050 unsere CO2-Emissionen tatsächlich um 95 Prozent reduzieren wollen.

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