Opernball-Diplomatie: "So wertvoll wie Vier-Augen-Gespräch"
Bedenkt man seine grünen politischen Wurzeln, dann ist Alexander Van der Bellen alles andere als ein Opernball-Profi. Umso größer war das Erstaunen, als sich Dienstagmittag der Bundespräsident samt Gattin Doris Schmidauer unter die Aufbauarbeiter im Backstage-Bereich der Oper mischte. Die Arbeiter zückten unverzüglich die Handys, trauten sich kaum, um ein Selfie zu fragen und stellten sich in einer Schlange an, um dem Bundespräsidenten die Hand zu schütteln.
Immerhin ist Van der Bellen der erste Bundespräsident, der sich für die Aufbauarbeiten interessiert, obwohl er „zwei linke Hände“ hat. Nägel einschlagen – das erledigt im präsidialen Haushalt nämlich Gattin Doris Schmidauer. „Aber es interessiert mich, wie die Arbeiten in dieser blitzartigen Geschwindigkeit passieren“, so der Bundespräsident.
Van der Bellen über den Wiener Opernball
"Ich bin kein professioneller Ballgeher, aber der ist okay"
Van der Bellens Gast auf dem diesjährigen Opernball trägt einen klingenden Namen: Auma Obama, Halbschwester des ehemaligen US-Präsidenten Barack Obama. Beim EU-Afrika-Forum der Bundesregierung im Dezember habe man sich kennengelernt. „Ich schätze ihr Projekt in Kenia und möchte mit der Einladung einen weiteren Fokus auf Afrika legen“, so das Staatsoberhaupt. Obama ist Vorsitzende der Stiftung „Sauti Kuu“ („Starke Stimmen“). Diese Stiftung hat es sich zur Aufgabe gemacht, Kindern aus städtischen Slums Zukunftsperspektiven zu geben.
Aber kann man am Opernball seriös Politik machen? Oder dient der Staatsball nur der sympathischen, aber unbedeutenden Charmediplomatie? „Der Wert des Opernballs ist nicht zu unterschätzen. Natürlich ist alles sehr hektisch, aber es gibt ja noch ein Essen davor, wo sich gute Gespräche führen lassen“, so Van der Bellen.
Ähnlich urteilt Altbundespräsident Heinz Fischer, der 12 Opernbälle als Staatsoberhaupt („Ich kann mich gar nicht mehr an alle meine Gäste erinnern“)absolvierte. Er verteidigt den Ball der Bälle als idealen Ort für ernsthafte Diplomatie. „Ein Opernball-Besuch ist genauso wertvoll wie dreißig Minuten Vier-Augen-Gespräch in der Hofburg“, analysiert Fischer.
Wer tanzt am Ball?
Die Logen der Regierung sind dieses Jahr gut gefüllt. ÖVP-Kanzler Sebastian Kurz wird den nordmazedonischen Regierungschef Zoran Zaev als Gast begrüßen, weil der Namensstreit mit Griechenland beendet werden konnte.
Außenministerin Karin Kneissl hat den tschechischen Außenminister Tomas Petricek eingeladen. Mitbringen wird sie außerdem den US-Botschafter in Wien Trevor Traina. Ursprünglich sollte auch EU-Brexit-Chefverhandler Michel Barnier in der Loge der Außenministerin Platz nehmen. Er kommt zwar nach Wien, fliegt aber abends wegen der aktuellen Entwicklungen bei den Brexit-Verhandlungen nach Brüssel .
Der einzige blaue Ballbesucher ist FPÖ-Vizekanzler Heinz Christian Strache. Er kommt mit dem serbischen Außenminister und Vize-Premier Ivica Dacic sowie dem ungarischen Kanzleramtsminister Gergely Gulyas.
ÖVP-Wirtschaftsministerin Margarethe Schramböck wird vor der Eröffnung des Opernballs mit Deutschlands Ex-Bundeskanzler Gerhard Schröder dinieren. Den Opernball wird Schröder allerdings aus der OMV-Loge als Gast von OMV-Chef Rainer Seele verfolgen. Die Loge der Wirtschaftsministerin wird Alt-Landeshauptmann Erwin Pröll und den britischen Handelsminister George Hollingbery beherbergen.
Eine Premiere feiert Wiens Bürgermeister Michael Ludwig am Opernball. In den vergangenen Jahren verfolgte er den Opernball lieber vom Fauteuil aus, dieses Mal wirft er sich in den Frack. Detto am Ball werden Umweltministerin Elisabeth Köstinger, Kulturminister Gernot Blümel und ÖVP-EU-Kandidatin Karoline Edtstadler sein. Auch ÖVP-Finanzminister Hartwig Löger und Justizminister Josef Moser rücken zum Tanz aus.
Wirtschaftskammerpräsident Harald Mahrer wird den Ball mit den asiatischen Wirtschaftstycoons Peter W. H. Tan und Philip Sohmen verbringen.
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