Die blaue Stunde für die Messestadt

Wie das Wahrzeichen Ledererturm war die SPÖ jahrzehntelang eine Konstante in Wels, am Sonntag verloren die Sozialdemokraten ihre Mehrheit.
Die SPÖ verlor nach 70 Jahren ihre Stimmenmehrheit im Gemeinderat, großer Sieger ist die FPÖ. Auch in Linz verlor die SPÖ.

In Wels, der mit 59.000 Einwohnern nach Linz zweitgrößten Stadt Oberösterreichs, gibt es seit dem 13. Jahrhundert eine unverrückbare Konstante: Den zum Wahrzeichen gewordenen Ledererturm. Ähnlich stabil und einzementiert schien seit 1945 bei Wahlen auch stets eine SPÖ-Mehrheit im Gemeinderat zu sein. Seit Sonntag ist darauf aber kein Verlass mehr. Mit einem fulminanten Ergebnis gelang es den Freiheitlichen, die jahrzehntelang tiefrote Statutarstadt dunkelblau einzufärben.

"Es ist sensationell – ich bin überwältigt von dem Vertrauensvorschuss", jubelte FPÖ-Spitzenkandidat Andreas Rabl. Seine Partei konnte ihr bisher bestes Wahlergebnis aus dem Jahr 2009 (29,2 Prozent) noch um 13,8 Prozentpunkte steigern und erreichte 43,1 Prozent. Auch bei der Bürgermeisterwahl hatte Rabl gegen Hermann Wimmer (SPÖ) und Peter Lehner (ÖVP) mit 47,59 zu 27,28 und 17,16 Prozent klar die Nase vorn.

"Das ist eine Option für eine andere Zukunft – die Mehrheit der Bürger hat die bisherig praktizierte Politik des Schönredens aller Probleme satt", betonte Rabl. Nun gelte es, neue Wege zu finden. "Auf uns wartet viel Arbeit, speziell bei der Integration, den Schulden und der Innenstadtbelebung – und wir machen eine Magistratsreform." Dabei hoffe er auf konstruktive Partner. Der Bürgermeister-Stichwahl in zwei Wochen sieht er optimistisch entgegen. "Zu Euphorie besteht aber kein Grund, es beginnt alles wieder bei null."

Ernüchterung

Starke Ernüchterung machte sich am Sonntag bei den Welser Sozialdemokraten breit. Sie fuhren mit 27 Prozent ihr historisch bisher schlechtestes Ergebnis ein. "Die FPÖ hat sechs Jahre lang einen wilden Anti-Ausländerwahlkampf geführt – es ist bedenklich, dass die Hetze auf so fruchtbaren Boden fiel", begründete Wimmer.

"Die Enttäuschung ist riesengroß, ich kann mir persönlich nichts vorwerfen", zeigte sich auch ÖVP-Spitzenkandidat Peter Lehner darüber stark frustriert.

In der Landeshauptstadt Linz kam die SPÖ bei der Gemeinderatswahl auf 32 Prozent, das ist ein Minus von fast neun Prozent. Die FPÖ erreichte 24,9 Prozent und gewann damit 10 Prozentpunkte dazu. Die ÖVP kam auf 20,1 Prozent (-7,6), die Grünen auf 14,8 (+2,6). Die Neos hielten bei 4,9, die KPÖ bei 2,4 Prozent. "An der Niederlage gibt es nichts zu rütteln", zeigte sich Stadtparteichef Klaus Luger selbstkritisch. Bei der Bürgermeisterwahl setzte sich Luger (SPÖ) jedoch mit 43,8 Prozent der Stimmen gegen Bernhard Baier von der ÖVP (21,1 Prozent) und FPÖ-Kandidat Detlef Wimmer (17,3) klar durch. Luger muss aber in eine Stichwahl.

Zwei Drittel der Linzer (68 Prozent) stimmten in einer Volksbefragung auch für den Abriss der baufälligen Eisenbahnbrücke und den Bau eines neuen Donauübergangs.

In Steyr gab es für die SPÖ bei der Gemeinderatswahl zwar leichte Verluste, sie liegt aber weiter bei über 42 Prozent. Der regierende Bürgermeister Gerald Hackl wurde im ersten Wahlgang im Amt bestätigt.

Das Innviertel ist traditionell eine Hochburg der Freiheitlichen. Das zeigte sich nicht nur auf Landesebene, sondern auch bei den Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen: In Palting, Bezirk Braunau, erreichte die FPÖ bei ihrem ersten Antreten gleich 31,1 Prozent der Stimmen. In Ort im Innkreis triumphierte die FPÖ gleich dreifach: Bei der Landtagswahl holten die Blauen 46,84 Prozent und auf Gemeindeebene 46,66 Prozent. Walter Reinthaler wurde außerdem gleich im ersten Durchgang zum Bürgermeister gewählt.

Mehr als 30 Prozent verloren hat die ÖVP bei den Gemeinderatswahlen in Meggenhofen im Bezirk Grieskirchen. Die Schwarzen blieben mit 37,12 Prozent dennoch Erster. Größter Gewinner waren nicht die Freiheitlichen, sondern die SPÖ. Sie stellt mit Wilfried Suchy weiterhin den Bürgermeister.

Stefan Peter Krapf (ÖVP) wurde mit deutlicher Mehrheit zum Bürgermeister von Gmunden gewählt. Auch über das Gemeindeergebnis durften sich die Schwarzen freuen, legten sie doch um zwei Prozent auf 49,75 Prozent zu. Tiefrot bleiben hingegen manche Gemeinden des Inneren Salzkammerguts: Trotz leichter Verluste hielt die SPÖ in Bad Goisern, Gosau, Obertraun und Hallstatt auf Gemeindeebene die Absolute.

In vielen Gemeinden erstmals angetreten sind die Grünen. In St. Georgen an der Gusen erreichten sie auf Anhieb 23,07 Prozent.

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