ÖVP sucht den Polit-Wunderwuzzi
Im Kopf so mancher ÖVP-Strategen war alles schon vorgezeichnet gewesen. Volle Konzentration auf die Regierungsarbeit, um so im Vertrauensindex wieder etwas nach oben zu rutschen. Abwarten, wie die Landtagswahlen in Tirol und in Niederösterreich ausgehen. Und dann mit dem Umbau der Parteistruktur beginnen. Wobei die Ablöse von Laura Sachslehner als Generalsekretärin an oberster Stelle gestanden wäre. Als Zeithorizont war der März 2023 angedacht gewesen.
Nach dem überraschenden Rücktritt der jungen Wienerin müssen diese Überlegungen nun im Müllkorb landen. Die Parteigeschäfte kann zwar vorerst Alexander Pröll weiterführen. Man braucht aber rasch eine Nachfolge, um die Partei wieder bundesweit auf Linie zu bringen. „Von Sachslehner ist da nichts gekommen“, sagt ein hoher Funktionär aus dem Umfeld von Kanzler Karl Nehammer. Und: „Der Karl muss sich jetzt genau anschauen, wen er da nimmt. Da kann die Entscheidung rasch fallen, aber auch einige Zeit dauern.“ Doch wer könnte dieser erwünschte Polit-Wunderwuzzi sein, der das Generalsekretariat in der Wiener Lichtenfelsgasse wieder aus der Bedeutungslosigkeit herausholt?
Schon seit Wochen kursieren da einige Namen. Ein Wunschkandidat soll der Sicherheitssprecher im Nationalrat, der Wiener Neustädter Jurist Christian Stocker, gewesen sein. Der dürfte aber bereits abgewunken haben. Er sitzt auch in der VP-Fraktion im U-Ausschuss, genauso wie Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger, der ebenfalls schon lange ein Kandidat sein soll. Oder Wirtschaftsbund-Generalsekretär Kurt Egger. Der Steirer soll aber in so mancher privater Runde gesagt haben, dass ihn das nicht interessiere.
Zwei andere Optionen aus Niederösterreich hat der Rücktritt von Sachslehner verhindert: Landesgeschäftsführer Bernhard Ebner oder Bauernbunddirektor Paul Nemecek. Ebner ist politisch mit Kanzler Nehammer eng verbunden. Er müsste aber noch die Landtagswahl im Jänner schlagen, ehe man ihn nach Wien ziehen lassen würde. Das gilt im Bauernbund auch für Nemecek.
Die internen Anforderungen, die an die neue Person gestellt werden: eine in der gesamten ÖVP anerkannte Person; eine Achse zwischen Bundespartei und Länderorganisationen; eine politische Speerspitze gegen die Opposition und manchmal auch gegen den Koalitionspartner; eine politische Unterstützung für die Regierung; ein Motor für eine neue Parteistruktur.
Da liegt die Latte sehr hoch. Deshalb gibt es in den Ländern auch Stimmen, die fordern, dass jemand aus dem direkten Umfeld des Kanzlers die Nachfolge antritt. Am ehesten wird es da Ministerin Karoline Edtstadler zugetraut, sich durchzusetzen. Oder Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, der bereits unter Sebastian Kurz als neuer Generalsekretär gehandelt worden war.
Dass es gerade der Klimabonus für Asylwerber gewesen ist, der Sachslehner das Handtuch werfen hat lassen, wird von etlichen ÖVP-Funktionären auch nicht so einfach hingenommen – auch wenn sie mit der Arbeit der Generalsekretärin nicht zufrieden gewesen sind. Es stößt aber vielen bitter auf, dass erneut die Grünen – wie bei Ex-Kanzler Kurz – bei einer Personalie der ÖVP mitgemischt haben. Da wird es innerparteilich noch einige Diskussionen geben.
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