ÖVP-Hochburg Zwettl: Türkis-Grün wird eine „harte Nuss“

ÖVP-Hochburg Zwettl: Türkis-Grün wird eine „harte Nuss“
Funktionäre der Volkspartei reagieren zögerlich, können sich aber Koalition mit Grün vorstellen.

Quer durch die Reihen der Volkspartei gibt es einen Tag nach der Wahl nur strahlende Gesichter. Doch das Ergebnis macht gleichzeitig viele nachdenklich, wie eine KURIER-Umfrage in einer der türkisen Hochburgen in Niederösterreich zeigt. Sowohl im Bezirk als auch in der Gemeinde Zwettl hat die ÖVP fast 60 Prozent Zustimmung erzielt.

Der Absturz der Freiheitlichen und das formidable Ergebnis der Grünen sorgt für neue Diskussionen.

Soll Sebastian Kurz tatsächlich eine Koalition mit der „Öko-Partei“ wagen?

Nicht nur in der Bauernschaft ist man skeptisch. In Zwettl etwa ist der Stimmenanteil der Grünen mit 5,60 Prozent deutlich unter dem Bundesergebnis. Im Falle einer möglichen türkis-grünen Koalition erwartet man ein Umdenken der „Ökos“.

Hipp: "Brauchen Hilfe gegen Billigkonkurrenz"

„Wir müssen oft als Sündenböcke für vieles herhalten, obwohl wir in Österreich den höchsten Bio-Anteil in der Landwirtschaft im internationalen Vergleich haben und hohe Umweltstandards einhalten. Diese Haltung müssen die Grün-Politiker ablegen, wenn sie Regierungsaufgaben übernehmen wollen“, sagt Dietmar Hipp, Obmann der Bezirksbauernkammer Zwettl. Um europaweit wettbewerbsfähig zu bleiben, seien „mehrere Instrumente“ wie etwa der Einsatz von bestimmten Düngemitteln beim Getreideanbau notwendig.

Er kann durchaus nachvollziehen, warum „grün-nahe Umweltorganisationen“ (NGOs) die heimischen Bauern immer wieder ins Visier nehmen. „Es klingt halt in der Öffentlichkeit populärer, die Landwirte zu kritisieren, wenn es um das Spendensammeln geht“, meint Hipp. Strenge Auflagen zu fordern, sei zu einfach. „Wir brauchen jede Hilfe, um unsere hochwertigen Produkte im Kampf gegen die Billigkonkurrenz zu verkaufen und unsere Bio-Initiativen, deren Umsätze oft hinter den Erwartungen bleiben, stärker zu bewerben“, erklärt Hipp.

Knackpunkte

Harte Nüsse seien laut Christopher Edelmaier, Obmann der Jungen ÖVP im Bezirk Zwettl, bei den Themen -Steuer (sprich Klimaschutz) und Migration zu knacken. „So eine Abgabe wäre für die Bewohner auf dem Land eine Katastrophe. Ohne Auto kommen sie nirgends mehr hin. Das darf man nicht vergessen“, sagt der JVP-Obmann.

In den Gesprächen mit Dorfbewohnern habe er gespürt, dass sie mit der türkis-blauen Regierung – dank der strengeren Migrationspolitik – zufrieden gewesen seien. „Türkis-Grün war bisher kein Thema, weil kaum jemand mit so starken Grünen gerechnet hatte. Ich denke, dass sogar in der Migrationsfrage ein Konsens mit den Grünen möglich ist“, sagt Edelmaier.

Nicht nur ÖVP-Funktionäre erwarten schwierige Koalitionsverhandlungen, sondern auch Bewohner in Zwettl. „Ich denke, dass sich Kurz und Kogler rasch einigen können. Aber die Grünen in Wien werden ein Knackpunkt“, glaubt Gerald Nossal, Direktor der örtlichen Sporthauptschule. Er sieht die starken Zugewinne der ÖVP als klares Zeichen dafür, dass die Österreicher das Absetzen der Kurz-Regierung als „falschen Weg“ werten.

Kein Linksruck

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner, der im Ländle mit den Grünen regiert und in 14 Tagen Landtagswahlen hat, empfiehlt Wahlsieger Sebastian Kurz, nicht um jeden Preis eine Koalition mit den Grünen zu bilden. Im Interview mit der Presse betont er, dass die Grünen in Vorarlberg bürgerlicher sind als die Grünen auf Bundesebene.

„Wir haben immer darauf geschaut, dass wir in Vorarlberg eine bürgerliche Politik der Mitte betreiben“, schildert Wallner seine Regierungsmodell. Der Vorarlberger Landeschef sei sich „aber nicht sicher, ob das auf Bundesebene so funktioniert“. Was auf jeden Fall nicht passieren darf: „Kurz muss darauf achten, dass die Politik der ÖVP nicht nach links wandert“,meint Wallner.

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