Schon nach kurzem Durchscrollen wird deutlich: Manuel S. war (zumindest 2019) ein extrem engagierter ÖVP-Funktionär. Im damaligen Wahlkampf war er in türkisem Gewand unterwegs und verteilte Flyer, wie auf mehreren Bildern zu sehen ist. Ein „Wir für Kurz“-Banner ziert sein Profilbild. Warum die Facebook-Seite des Niederösterreichers gerade interessant ist?
Er ist Leiter jener Sonderkommission (Soko), die im Bundeskriminalamt eingerichtet wurde, um in der größten Pleite der Zweiten Republik zu ermitteln: jener der Signa rund um Investor René Benko. Gegen Benko gibt es Anzeigen en masse, konkrete Ermittlungen laufen aktuell wegen Betrugs. Es geht um die mutmaßliche Vortäuschung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit der Signa-Gruppe, deren faktischer Geschäftsführer Benko gewesen sein soll. Seine guten Verbindungen in die Politik – unter anderem zu Ex-ÖVP-Chef Sebastian Kurz – sind hinlänglich bekannt.
Dass nun ein ausgewiesener ÖVP-Funktionär die Soko Signa leitet, entsetzt Nina Tomaselli, Fraktionschefin der Grünen im vergangenen U-Ausschuss: „Das Innenministerium muss sofort Schritte setzen. Denn es gilt schon den Anschein jeglicher Befangenheit zu vermeiden.“
Benkos Aufstieg habe nur mit wohlwollender Politik funktioniert, so Tomaselli weiter. „Ermittler mit politischen Verbindungen, die dann ausgerechnet die dubiosen Geschäftspraktiken aufklären sollen, haben da nichts verloren.“
Erinnerung an Soko Tape
Die Grüne wendet sich nun mit einer parlamentarischen Anfrage an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP). Sie erkundigt sich unter anderem nach der Bestellung von Manuel S., und ob sein „parteipolitischer Background“ berücksichtigt wurde. S. war einst auch Mitarbeiter im Kabinett des damaligen Innenministers Wolfgang Sobotka (ÖVP), und Sobotka soll Benko zu dieser Zeit mehrmals getroffen haben. Tomaselli stellt auch die Frage, ob S. als Soko-Leiter wegen der Anscheinsbefangenheit wieder abberufen wird.
Die Konstellation erinnert an die Soko Tape, die nach dem Platzen der Ibiza-Affäre gegen Ex-Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache ermittelt hat. Einer der Ermittler war offenbar Strache-Fan, wie ein publik gewordenes SMS damals zeigte. Es folgte ein Streit mit einer Reihe weiterer Vorwürfe, der darin gipfelte, dass der Soko die Ermittlungen entzogen wurden.
Auf KURIER-Nachfrage bei der WKStA, ob man auch im Fall von Manuel S. aktiv wurde, wird darauf hingewiesen, dass Staatsanwaltschaften keinen Einfluss auf die Bildung und Zusammensetzung einer Soko haben. Dies sowie die Prüfung und Entscheidung über eine allfällige Befangenheit seien Sache des Bundeskriminalamts.
Im Innenministerium wird auf KURIER-Anfrage erklärt, dass S. Leiter der Abteilung für Wirtschaftskriminalität sei. Es falle in seine Zuständigkeit, die Aufgaben der behördlichen Leitung der Soko Signa wahrzunehmen – er vertrete die Soko nach außen und sei für die Abstimmung zwischen Soko und WKStA verantwortlich.
Davon zu unterscheiden sei die „operative Leitung“. Diese sei für die Durchführung der Ermittlungsaufträge der WKStA zuständig.
Und: Aus Sicht des Innenministeriums bestehe „kein Zweifel an der Unbefangenheit“ von Manuel S.
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