Warum Österreichs staatliche Einnahmen trotz Budget-Krise sprudeln

Heuer Einsparungen von 6,4 Milliarden Euro, kommendes Jahr dann 8,7 Milliarden: Die Dreierkoalition hat Mittwochabend im Budgetausschuss fürs Doppelbudget von Finanzminister Markus Marterbauer (SPÖ) gestimmt. Türkis-Rot-Pink beteuert, vor allem ausgabenseitig zu sparen. Stimmt das? Das ist nicht zuletzt eine semantische Frage.
Die größte Sparmaßnahme, der zwei Milliarden Euro schwere Klimabonus, wurde zwar als Förderung und somit als Ausgabe verbucht. Gleichzeitig sollte er die Zusatzbelastung durch die CO2-Bepreisung abfedern, die nun voll zur Geltung kommt.
Fest steht: Während die Staatsausgaben in den letzten Jahren rasant gestiegen sind, konnte sich das Finanzministerium auch über überdurchschnittlich wachsende Einnahmen freuen. Und das gilt nach wie vor: „Die Einnahmen sprudeln weiterhin und waren während der gesamten Budgetkrise auch kein Problem“, sagt Ökonom Jan Kluge vom wirtschaftsliberalen Thinktank Agenda Austria zum KURIER.
Im Gegensatz zur Ausgabenseite seien die Prognosen zu den Einnahmen in den vergangenen Jahren zudem „immer präzise“ gewesen, sagt Kluge.
Kaufkraft erhalten
Wie stabil die Einnahmenseite sich entwickelt hat, zeigt der Budgetvollzug von Jänner bis April 2025. Demnach sind die Einnahmen aus der Umsatzsteuer im Vergleich zum Vorjahreszeitraum von 12,7 auf 13,1 Milliarden Euro gestiegen. Ein ähnliches Bild bei der Lohnsteuer: Trotz leicht wachsender Arbeitslosigkeit stieg diese von 11,3 auf 11,8 Milliarden. Gesunken, von 2,3 auf 2 Milliarden, ist lediglich die Körperschaftsteuer.
Und über die gesamte Krisenzeit betrachtet? Sowohl Umsatz- als auch Lohnsteuer sind im Vergleich zu 2019, also dem Niveau vor der Corona- und Energiekrise, um rund ein Drittel gestiegen. „Also auch deutlich stärker als die Inflation“, sagt Kluge. Die türkis-grüne Bundesregierung habe „ihre Kaufkraft“ über die Jahre mehr als erhalten.
Als einer von wenigen OECD-Staaten verzeichnet Österreich in den letzten Jahren trotz Krise sogar Reallohnzuwächse. Das Problem: Der Konsum stagniert nach wie vor, die Sparquote liegt weiterhin mehrere Prozentpunkte über dem Niveau von 2019 (7,2 Prozent). „Dass der Konsum nicht anspringt, zeigt, dass Vertrauen wichtiger ist als bloße Lohnerhöhungen“, sagt Kluge.
„Lohnführerschaft“
Der Ökonom empfiehlt deshalb Zurückhaltung bei den kommenden Lohnverhandlungen. Das gelte nicht nur für die Sozialpartner, sondern auch für den Staat, der in Österreich „Lohnführerschaft“ habe. Warum?
Weil neuerdings die Beamtengehälter den Ton angeben würden: „Die öffentlichen Arbeitgeber sind in den letzten Jahren bewusst vorgeprescht und haben damit auch die Industrie unter Druck gesetzt. Das sind Mechanismen, die wir uns abgewöhnen müssen“, sagt Kluge.
Zur weiteren Budgetsanierung hält der Experte Anpassungen der Beamtengehälter und Pensionen unterhalb der Inflationsrate für „das Gebot der Stunde“. Selbiges gelte für eine Erhöhung des gesetzlichen Pensionsantrittsalters. Genannte Maßnahmen fielen definitiv unter „ausgabenseitiges“ Sparen. Dass Türkis-Rot-Pink das bisher nicht gelungen ist, zeigt auch folgender Wert: Die Steuer- und Abgabenquote steigt heuer von 44,5 auf 45,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) – ein EU-Spitzenwert.
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