Comeback-Plan: So will die Regierung Österreich klimafit machen

Comeback-Plan: So will die Regierung Österreich klimafit machen
Die Industrie soll klimafreundlich und Ortskerne klimafit werden. Zudem kommt ein Schwerpunkt-Programm für Langzeitsarbeitslose.

Österreich bekommt aus der EU-Wiederaufbaufonds der EU (RRF) nach aktuellem Stand rund 3,5 Milliarden Euro.

Die Bundesregierung hat sich vorgenommen, die EU-Ziele im Bereich Klimaschutz und Digitalisierung nochmals zu übertreffen. In Österreich werden laut aktuellen Planungen 46 Prozent in Klimaschutzmaßnahmen fließen, auch im Bereich Digitalisierung sollen die Ziele deutlich übertroffen werden.

Damit sollen in den kommenden Jahren die österreichische Wirtschaft gestärkt und Arbeitsplätze nachhaltig gesichert werden.

Der überwiegende Teil der Mittel aus der RRF wird in neue, noch nicht budgetierte Maßnahmen fließen. Die RRF ist damit ein wesentlicher Bestandteil am Weg zu mehr Klimaschutz in Österreich und ein erster Schritt für den Comeback-Plan der Österreichischen Bundesregierung. Die Regierung präsentierte Dienstagmittag ihre Vorhaben bei einer Pressekonferenz.

Klausur mit fernen Zielen und keinen Details zu Öffnungen im Mai

Rekorddefizit, aber "Anzeichen der Entspannung"

Finanzminister Blümel machte zu Beginn gleich Hoffnung: "Es gibt erste Anzeichen der Entspannung. Die Konjunktur verbessert sich, die Krise ist aber noch nicht vorbei. Wir müssen den Unternehmen auf den letzten Metern weiter unter die Arme greifen."

Dem gegenüber steht ein ein neues Rekorddefizit von 30,7 Mrd. Euro für 2021. Gesamtstaatlich erwartet das Finanzministerium mit 8,4 Prozent der Wirtschaftsleistung das zweitgrößte Minus seit 1954. Der höchste Wert waren die 8,9 Prozent 2020. Überraschend kommt das nicht: Wirtschaftsforscher und der Budgetdienst im Parlament hatten schon vor Wochen auf die Entwicklung hingewiesen.

Beim "Comeback" helfen sollen jedenfalls wie bereits bekannt Mittel aus dem EU-Wiederaufbaufonds. Vorsorglich habe man Projekte im Umfang von 4,5 Milliarden eingereicht, aktuell geht die Regierung davon aus, dass rund 3,5 Milliarden Euro wieder zurückfließen werden. Die Rückmeldungen aus Brüssel seien jedenfalls "durchwegs positiv", unterstrich Blümel.

Statement von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP)

Klimafitte Ortskerne

Bei diesem Aufbau- und Resilienzfonds hat die Regierung 277 Millionen Euro für Arbeitsmarktmaßnahmen und rund 890 Millionen für den Breitband-Ausbau beantragt. 107 Millionen Euro soll es für Investitionen in die Quantenforschung geben, 100 Millionen für den Ausbau der Forschungskompetenz im Bereich Wasserstoff. Im Wirtschaftskapitel (765 Millionen) ist Geld für die Investitionsprämie oder die Digitalisierung von KMU vorgesehen.

Statement von Klimaschutzministerin Leonore Gewessler (Grüne)

Im Klima-Kapitel sind 50 Millionen Euro für den Biodiversitätsfonds beantragt, 100 Millionen für Dekarbonisierung, 50 Millionen für die Bekämpfung von Energiearmut, 50 Millionen für "klimafitte Ortskerne" (etwa thermische Sanierung), 300 Millionen für ein Kreislaufwirtschaftspaket und 160 Millionen für den Austausch von Öl- und Gasheizungen. Knapp 850 Millionen sollen in die Mobilität fließen (darunter 256 Millionen in emissionsfreie Busse, 543 Millionen in den Bahnbereich)

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172 Millionen für Digitalisierung der Schulen

Mit 172 Millionen Euro will man die Digitalisierung der Schulen vorantreiben, 100 Millionen Euro sollen in den Ausbau der medizinischen Primärversorgung fließen. Im Bereich der Kultur sollen etwa 35 Millionen für die Sanierung des Volkskundemuseums Wien und der Prater Ateliers lukriert werden.

Details etwa zur Digitalisierung der Schulen nannte Blümel auf Nachfrage nicht – für die konkrete Umsetzung seien dann die Fachressorts zuständig. Gewessler bekräftigte, dass im ersten Quartal 2022 die ökosoziale Steuerreform kommen soll.

Statement von Arbeitsminister Martin Kocher

50.000 Langzeitarbeitslose in Beschäftigung bringen

Die Regierung startet zudem ein Programm für Langezeitarbeitslose. Bis Ende 2022 sollen 50.000 Personen über die Aktion "Sprungbrett" wieder in Beschäftigung kommen, kündigte Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) an. Wie genau soll das funktionieren? Die Details folgen in den kommenden Wochen.

Wie Kocher ausführte, müssten erst die notwendigen Strukturen geschaffen werden. Es brauche einen Ansatz auf unterschiedlichen Ebenen. Vor allem größere Betriebe müssten eingebunden werden, ebenso Beratungs- und Betreuungseinrichtungen, die einen optimalen "Match" zwischen Arbeitgebern und Arbeitssuchenden finden sollen. Auch staatlich müsse eingegriffen werden über Eingliederungshilfen und Lohnunterstützung. Gemeinnützige und öffentliche Stellen sollten Arbeitsangebote zur Verfügung stellen. Aktuell sind knapp 147.000 Personen langzeitarbeitslos.

Katzian sind Pläne nicht konkret genug

ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian sieht die Ergebnisse der Regierungsklausur ambivalent. Einerseits begrüßt er Initiativen zur Senkung der Arbeitslosigkeit, andererseits fehlt es ihm an Konkretem. Unter anderem vermisst der Gewerkschaftschef im APA-Gespräch den vom ÖGB forcierten Comeback-Fonds für pleite-bedrohte Unternehmen sowie nationale Stiftungen für Pflege und Verkehr.

"Alles, was dazu dient, Arbeitslosigkeit zu senken ist im Prinzip gut", meint Katzian. Bei der Initiative für Langzeitarbeitslose könne er nur sagen: "Na endlich." Dass die Initiative jetzt anders heiße als jene von SPÖ und Gewerkschaft forcierte "Aktion 40.000" sei ihm dabei egal. Was den Präsidenten mehr stört ist, dass man noch keine Details wisse.

"Grundsätzlich ok" findet Katzian auch das, was im Umweltbereich geplant ist. Ausständig ist für ihn jedoch eine Analyse, was der Branchenwandel für die Beschäftigten bedeute und welche Maßnahmen es für diese brauche. Zusätzlich zu den AMS-Stiftungen in den Ländern befürwortet der ÖGB-Chef nationale Stiftungen. Naheliegend wären diese für ihn in den Bereichen Pflege und Verkehr, wo man zusätzliches Personal brauchen werde.

Ernüchtert reagierten die Neos. Die Regierungsklausur habe leider wenig Neues und Konkretes an den Tag gebracht, das Österreich tatsächlich aus der Krise bringen könne, meinte Vizeklubchef Nikolaus Scherak. Stattdessen habe die Regierung ihr eigenes Regierungsprogramm gelobt und sie lasse sich auch beim Umsetzungsplan für den EU-Wiederaufbaufonds leider viel Bekanntes und längst Überfälliges aus dem eigenen Programm finanzieren.

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