Faymann-Nachfolge: Die Favoriten im Porträt

Faymann-Nachfolge: Die Favoriten im Porträt
Nach dem Abgang von Werner Faymann als Bundeskanzler und SPÖ-Chef werden Christian Kern und Gerhard Zeiler als mögliche Nachfolger gehandelt.

Die Nachfolge von Werner Faymann dürfte - so es keine Überraschung gibt - zwischen zwei Personen entschieden werden; beide von ihnen aktuell keine SPÖ-Funktionäre: Dem Medienmanager und ehemaligen ORF-Chef Gerhard Zeiler und ÖBB-Chef Christian Kern. Am Freitag sollen "Gespräche" mit den Kandidaten stattfinden, sagt Interims-SPÖ-Chef Michael Häupl, das seien aber keine Hearings, wie es zuvor geheißen hatte. Ob die Kandidaten, mit denen die SPÖ spricht, tatsächlich Kern und Zeiler sind, ist nicht bekannt. Zeiler, der gestern nach New York geflogen ist, soll jedenfalls schon wieder auf dem Weg zurück sein. Wann die Gespräche am Freitag stattfinden, sagte Häupl auch nicht. "Wir wollen in Ruhe arbeiten." Aber wer sind die beiden Favoriten Kern und Zeiler? Zwei Porträts.

Christian Kern, der ÖBB-Chef

Christian Kern wird seit Jahren nach möglichen Zukunftsplänen Richtung Ballhausplatz befragt. Seine Antwort war stets diplomatisch: Er sei glücklich als ÖBB-Chef und wolle daran nichts ändern. Nun, nach dem Abgang Werner Faymanns, könnte das Pendel in eine andere Richtung ausschlagen. Ist er der Mann, der die Sozialdemokratie aus der Krise ziehen kann?

Faymann-Nachfolge: Die Favoriten im Porträt
Christian Kern, Vorstandsvorsitzender ÖBB:
„Karriereplanung halte ich für mäßig wichtig,  es zählt mehr, mit Personen zu arbeiten, die Vorbilder sind und sich Umfelder zu suchen, die Entwicklung fördern. Ich kann empfehlen,  Chefs sorgfältig auszuwählen. Natürlich analysiert man, wo der Weg hinführen kann, welche Optionen sich öffnen. Entscheidender ist es, Begeisterung für die Herausforderung zu entwickeln."

Kern, als Sohn einer Sekretärin und eines Elektroinstallateurs in Wien-Simmering aufgewachsen, gilt als ehrgeizig und zielstrebig. Nationalratspräsidentin Doris Bures meinte in einem Interview 2014 zwar, dass Politik "nicht seine Stärke" sei. Viele in der SPÖ sehen das aber anders. Denn Kern bringt durchaus Rüstzeug mit. Er ist in der (Partei-)Politik groß geworden, hat über viele Jahre erfolgreich im staatsnahen Wirtschaftsbereich gewirkt, ist telegen und eloquent.

Nach einem kurzen Ausflug in den Journalismus dockte der damalige Publizistik-Student Kern, der später auch eine postgraduale Ausbildung am Management-Zentrum St. Gallen absolvierte, schon früh in der SPÖ an. Bereits mit 25 wurde er Assistent von Staatssekretär Peter Kostelka (SPÖ), drei Jahre später wechselte er mit seinem Chef ins Parlament und wurde Büroleiter und Pressesprecher des damals neuen Klubobmanns. 1997 folgte der zwischenzeitliche Ausstieg aus der Politik. Kern wechselte in den Verbund, Bures holte ihn 2010 zu den ÖBB.

Profiliert in der Flüchtlingskrise

Galten die Bundesbahnen davor über Jahre als Krisenzone, hat Kern diese Ära beendet. Die Zahlen passen wieder, die Massen-Frühpensionierungen sind eingestellt, der Zentralbahnhof wurde rechtzeitig und innerhalb des Kostenrahmens fertig und auch Konflikte mit der streitbaren Eisenbahner-Gewerkschaft sind zumindest nach außen nicht sichtbar. Gefallen auch beim linken Flügel der SPÖ, dem Kern eher nicht zuzuordnen ist, erlangte er mit der unbürokratischen Abwicklung des Flüchtlingsstroms im vergangenen Jahr.

Der 50-Jährige ist in zweiter Ehe verheiratet und Vater von drei Söhnen und einer Tochter. Kern ist ein Sportfan: Selbst Läufer und Mountainbiker, gilt seine fußballerische Leidenschaft der Wiener Austria, in deren Kuratorium er auch sitzt.

Gerhard Zeiler, der internationale Medienmanager

Chef zu sein ist Gerhard Zeiler gewohnt, Partei- und Regierungschef wäre für den 60-jährigen Medien-Manager dann aber doch eine neue Erfahrung. Medial bot sich der Medienmanager sich voriges Jahr auch noch als Kanzlerreserve an. Politisch ganz unbeleckt ist er dann ja auch nicht.

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Gerhard Zeiler 12.11.2015, Wien, Gutruf, Ehrung und Geburtstag

Nur wenige Wochen nach der Staatsvertragsunterzeichnung in Wien-Ottakring gemeinsam mit seinem Zwillingsbruder geboren, suchte er rasch auch ein politische Herausforderung. Über die Sozialistische Jugend landete er beim SPÖ-Pressedienst und sammelte dort erste journalistische Erfahrungen. 1979 wechselte er ins Kabinett des damaligen Unterrichtsministers Fred Sinowatz. 1986 arbeitete er kurz bei Sinowatz-Nachfolger Franz Vranitzky, wechselte aber bald die Seiten in Richtung Medien und wurde ORF-Generalsekretär.

Nach einem Zwischenstopp in Deutschland bei Tele 5 und RTL II kehrte Zeiler 1994 heim, um mit SPÖ-Hilfe Generaldirektor des ORF zu werden. Er verpasste dem öffentlich-rechtlichen Sender eine grundlegende Reform. 1998 wechselte Zeiler zum deutschen Privatsender RTL, machte den Sender mit ähnlicher Programmstrategie zum stärksten deutschen TV-Anbieter. 2012 heuerte Zeiler bei der Tim Warner-Tochter Turner an.

Kapitalismus-Kritik liegt Zeiler fern

Diverse Länderorganisationen der SPÖ unterstützte er in den vergangenen Jahren mit Wahlkampfauftritten, zuletzt auch den glücklosen Hofburg-Kandidaten Rudolf Hundstorfer. Überhaupt soll er in den letzten Wochen bei Auftritten in der Partei bemüht gewesen sein, nicht in Vergessenheit zu geraten.

Interessant wäre, wie schnell der nicht unbedingt kapitalismus-kritische Zeiler mit Basis und Gewerkschaft auf einen gemeinsamen Nenner käme. Leichter als diese politische Akklimatisierung würde die örtliche fallen. Denn Zeiler hat neben seinem Arbeitssitz in England auch einen Wohnsitz in Österreich, konkret in Salzburg, den er gerne frequentiert.

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