Totschnig, Entenfellner und die Heroen der Pressefreiheit

Am Sonntag erschienen in zahlreichen Zeitungen, darunter auch im KURIER, Antrittsinterviews des neuen Landwirtschaftsministers Norbert Totschnig. So weit, so unspektakulär. Abgesehen von der schon seit geraumer Zeit eingerissenen Unsitte, dass Politikerinterviews immer orchestriert am selben Tag erscheinen – aber darum geht es hier nicht.
Ein Interview der etwas anderen Art bot indes die Kronenzeitung ihren Lesern. Es zeichnete sich durch Agitation in eigener Sache aus. Das für sich wäre auch noch nicht unbedingt der Erwähnung wert.
Dass aber nun plötzlich die Krone und ihr Interviewer gerade von jenen, denen das Blatt stets als Negativfolie ihrer eigenen publizistisch-moralischen Überlegenheit diente, zu Heroen des unabhängigen Journalismus stilisiert werden, entbehrt nicht einer gewissen Pikanterie.
Wie es dazu kam? Offenbar wollte die Krone nicht einen Redakteur der Innenpolitik oder Wirtschaft zum Interview schicken, sondern die Betreuerin der „Tierecke“, Maggie Entenfellner. Was die Pressesprecherin des Neo-Ministers abgelehnt haben soll. Nun ist es gewiss richtig, dass sich Politiker bzw. ihre Presseleute nicht die Interviewer aussuchen können. Ebenso richtig ist aber auch, dass die Nominierung von Frau Entenfellner für ein Minister-Interview eine, nun sagen wir, ungewöhnliche Vorgangsweise ist. Man könnte auch eine gezielte Provokation vermuten: die zu erwartende Ablehnung ermöglichte erst die Pose des Widerstands gegen Politzensur.
Der statt Entenfellner dann ins Rennen geschickte Redakteur agierte dementsprechend und machte die Zurückweisung Entenfellners gleich eingangs zum Thema des Interviews. Um dann teils persönlich untergriffig fortzufahren (nicht einmal der Portier im Haus kennt Sie, meinte er etwa sinngemäß) und patzig, mit Verweis auf angeblich von der Pressesprecherin gewünschte „persönliche Fragen“, abzuschließen mit „Was ist Ihre Lieblingsfarbe?“ – „Grün.“ – „Danke für das Gespräch.“ Dazwischen versuchte er Totschnig in Sachen Tierschutz – für den dieser gar nicht zuständig ist – in die Enge zu treiben.
"Friedensangebot"
Mit Erfolg übrigens: Am Montag konnte das Blatt stolz von einem „Friedensangebot“ Totschnigs berichten. Der Minister beteuert, nichts von der Ablehnung Entenfellners gewusst zu haben und verspricht tätige Reue: Er werde nicht nur Entenfellner ein Interview geben, sondern dies auch gemeinsam mit Tierschutz-Minister Rauch, und auch über das von seiner Vorgängerin Köstinger ausgehandelte Tierschutzpaket will er „noch einmal sprechen“.
So hat Totschnig vielleicht noch eine kleine Chance, dem „Volkszorn“ (den die Krone oft unliebsame Politiker wie seinerzeit Schüssel treffen ließ) zu entgehen.
Kommentare