Fühlen sich die Rechtsanwälte vernachlässigt? Für die Staatsanwälte hat Alma Zadić ja mehr Budget erkämpft …
Es kann schon sein, dass man glaubt, unsere Bedeutung sei nicht sehr groß. Aber ich höre auch aus der Richterschaft, dass deren Forderungen nicht erfüllt worden seien. Die Verteilung der Justizmittel könnte man schon besser gestalten.
Was halten Sie von den Plänen der Justizministerin zum Generalstaatsanwalt?
Wir haben uns in die Arbeitsgruppe sehr stark eingebracht. Die Idee eines Dreier-Senats, das als Kollegialorgan über Strafverfahren entscheidet, halte ich für gut, weil der Eindruck vermieden wird, dass es politischen Einfluss gibt.
Ist dieser Einfluss real?
Das glaube ich nicht, aber es mag manchmal eine Art vorauseilenden Gehorsam geben, wie zu ermitteln ist.
Warum brauchen wir dann einen Generalstaatsanwalt? Als PR-Maßnahme?
Wir brauchen ihn, um die Rechtskultur und das Ansehen in der Öffentlichkeit zu verbessern.
Die ÖVP will gleichzeitig die Beschuldigtenrechte ausbauen. Wo hapert es da?
Vor allem bei den Aktenleaks: Es darf nicht sein, dass Beschuldigte aus der Zeitung erfahren, welche Vorwürfe gegen sie erhoben werden.
Spielen Anwälte selbst Akten hinaus?
Das glaube ich nicht, weil das Publikwerden ja oft dazu führt, dass ihre Klienten an den Pranger gestellt werden. Nur, wenn solche Akten schon in der Öffentlichkeit sind, kann es notwendig sein, medial aktiv zu werden, um Waffengleichheit herzustellen.
Wie sind Ihre Erfahrungen mit der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA)? Tickt diese Behörde anders?
Ich glaube schon, dass ein Zug zur Selbstständigkeit da ist und sich die WKStA entfernt hat von Systemen, die andere Staatsanwaltschaften einhalten. Die WKStA hat sich eine Sonderstellung herausgenommen.
Und die ist nicht berechtigt?
Nein. Es ist wichtig, dass Korruptionsermittlungen geführt werden, mit aller peniblen Aktenarbeit. Missstände zeigen sich dort am stärksten, weil dort die interessanten Verfahren sind. Aber auch die WKStA muss sich sachliche Kritik gefallen lassen, und die ist mehr als berechtigt.
Was stört Sie konkret?
Aktenleaks, überlange Verfahren, massenhafte Sicherstellung von Datenträgern und dass Persönlichkeitsrechte von unbeteiligten Personen missachtet werden.
Die WKStA leakt Akten?
Das kann ich nicht beurteilen, ich hoffe es nicht. Und wenn, dann soll Abhilfe geschaffen werden.
Der Wiener Rechtsanwaltskammer-Präsident forderte im KURIER, die WKStA abzuschaffen. Wollen Sie das auch?
Es kommt nicht auf den Namen an, sondern auf die Ermittlungsarbeit. Wichtig ist, dass die Agenden wahrgenommen werden – ob von der WKStA oder der Staatsanwaltschaft Wien ist irrelevant.
Also wollen Sie doch eine Aufspaltung der WKStA?
Neue Strukturen zu schaffen dauert wieder ein paar Jahre. Es wäre aber dringend nötig, die WKStA zu reformieren und effizienter zu gestalten.
Was wäre Ihr Vorschlag zur Verkürzung von Verfahren?
Das Gebot der Stunde wäre, eine Limitierung einzuführen: Wenn ein Verfahren innerhalb von drei Jahren nicht anklagereif ist, muss es eingestellt werden. Eine zu lange Dauer ist unzumutbar für Beschuldigte.
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