Und es gibt in diesem Bereich einen kleinen Paukenschlag. Die ehemalige ORF-Programmchefin Gaby Schwarz übernimmt dieses heiß umkämpfte Themen. Im ersten Interview mit dem KURIER lässt Schwarz erkennen, dass sie nicht auf ORF-Vorteile setzt sondern einen breiten Dialog anstrebt.
KURIER: Zum ORF-Gesetz gibt es schon einen Ministerratsbeschluss, ist dieser der Weisheit letzter Schluss?
Gaby Schwarz: Für mich gilt das Regierungsprogramm. Ein Wechsel der Agenden auf Regierungs- und Sprecherebene ist eine Gelegenheit, einen Nachdenkprozess zu starten.
Soll der ORF digital mehr dürfen als bisher? Die digitale Entwicklung ist auch für den ORF extrem wichtig, eine echte Zukunftschance. Und der neue Generaldirektor Roland Weißmann ist der richtige Mann dafür. Es ist klar, dass die digitale Kompetenz in Österreich auch beim ORF liegen muss.
Das sehen die Zeitungsverlage aber ganz anders. Solange eine mit Gebührengeld finanzierte Seite wie orf.at frei zugänglich ist, wird privaten Medien die Luft abgeschnürt. Auch der ORF wird kompromissbereit sein müssen. Aber das sind Dinge, die breit zu diskutieren sind. Es muss in allen Fragen eine Einigung mit den Privaten geben. Das kann ein Zugang zum ORF-Archiv oder ein gemeinsamer Player für österreichische Inhalte sein.
Das werden die Privaten aber nur machen, wenn nicht „ORF“ davor steht, sondern wenn es auf Augenhöhe passiert. Dazu war der bisherige ORF-Chef nicht bereit.
Wie schon gesagt: Roland Weißmann ist ein guter Kaufmann und Journalist, und er ist am Konsens und gemeinsamen Lösungen interessiert. Der globale Markt hat sich in den letzten Jahren so massiv verändert, dass allen klar ist, dass man Ressourcen nun bündeln muss.
Muss man den ORF dann nicht zumindest bei der Werbung einschränken? Wir werden Veränderungsprozesse sehr behutsam gestalten müssen. Dazu sollen alle Marktteilnehmer und Experten eingebunden werden.
Auch die Opposition? Ich rede immer mit allen.
Medien und Journalisten sind zuletzt auch wegen der gesellschaftlichen Polarisierung in der Corona-Diskussion attackiert und unter Druck gesetzt worden. Was wollen Sie dagegen tun? Das ist mir ein großes Anliegen. Wenn Reporter bei Demos attackiert, Journalistinnen sexistisch angegriffen werden, vor Redaktionen demonstriert wird, ist das scharf zu verurteilen. Das Innenministerium ist gefragt, Schutzmaßnahmen auszuarbeiten.
Zum Teil gibt es widerliche Attacken in den sozialen Medien. Auch die schüchtern viele ein. Der Hass im Netz hat unglaubliche Ausmaße erreicht. Das Gesetz dagegen war ein wichtiger erster Schritt. Aber viele Täter weichen auf Mails aus und attackieren vor allem Frauen ganz massiv und sexualisiert. Das beunruhigt mich sehr. Ich werde dafür eintreten, dass auch diese Kommunikation, die eben nicht auf öffentlichem sondern auf direktem Weg stattfindet, möglicherweise strafbar wird.
Sie waren stellvertretendende Generalsekretärin und wechseln nun zur Medienpolitik. Wie sehr hat sich die ÖVP durch den Wechsel an der Parteispitze verändert? Ich kenne Karl Nehammer schon lange und aus vielen Funktionen. Es ist unglaublich, wie er Fragen offen anspricht, alle miteinbezieht, auch große Teile der Opposition. Er macht das mit Leib und Seele.
Anders als Sebastian Kurz? Die beiden sind ganz andere Typen. Ich halte Kurz immer noch für das größte politische Talent seit Jahrzehnten. Ich habe ja für seine erste Wahl meinen Job beim ORF aufgegeben, weil ich seine Art der Politik wirklich gut finde. Aber je erfolgreicher er wurde, desto mehr wurde er bekämpft.
Wünschen Sie sich, dass Kurz zurückkehrt? Das ist seine persönliche Entscheidung. Ich wünsche mir, dass rasch aufgeklärt wird und habe keine Zweifel, dass seine Aussagen richtig sind.
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