Die Neuauflage des Gerangels um die Aktenanlieferung hat mit dem Schreiben von SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer am 9. Juni begonnen. Hier beklagt der SPÖ-Mandatar Mängel bei der Aktenlieferung und gibt dem Finanzministerium vor, die „Sanierung der Mängel innerhalb einer Woche“ durchzuführen.
Das Finanzministerium kommt dieser Aufforderung nach und liefert schließlich auch noch die Kontakt- und Kalenderdaten leitender Beamter nach.
Einhergehend mit diesem Vorgang wurden dem Untersuchungsausschuss auch entsprechende Vollständigkeitserklärungen der Mitarbeiter im Finanzministerium übermittelt. Das reicht der Opposition nicht: Sie bemängelt nach wie vor, dass die übermittelten Daten unvollständig seien, aber auch, dass sie zum Teil mangelhaft, sprich nicht in elektronischer Form geliefert wurden.
Dadurch seien wesentliche Metadaten verloren gegangen, so die Kritik. Bei vielen der von der Opposition gewünschten Postfächer seien nur wenige eMails bzw. „eine Handvoll Daten“ übermittelt worden, was „völlig lebensfremd“ sei.
Angesichts der komplizierten Vorgeschichte wurde vom Finanzministerium Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur, eingeschaltet, um den gordischen Knoten zu lösen. Auch Peschorn bestätigt gegenüber dem KURIER, dass alle geforderten Unterlagen geliefert wurden.
Die eine Seite beteuert, sie könne nicht mehr liefern. Die andere Seite sagt, da gebe es noch viel mehr. Vor diesem Dilemma steht nun der Bundespräsident, dessen Mitarbeiterstab in der Hofburg allerdings keine einzige Unterlage kennt.
Wer aber hat recht in diesem Sachverhalt? Bundespräsident Alexander Van der Bellen kann hier – auch mangels der Aktenkenntnis – nicht den Schiedsrichter spielen. Sein Ausweg: Er wendet sich an das zuständige Gericht. In diesem Fall ist das der Verfassungsgerichtshof (VfGH).
Die Verfassungsrichter müssen nun die Argumente der beiden Parteien bewerten. Bis zum Ende der Woche sollte der VfGH eine Entscheidung fällen.
Was passiert, wenn der VfGH der Opposition recht gibt? Dazu will die Hofburg keine Auskunft geben, sondern die Entscheidung abwarten. Rein rechtlich kann Van der Bellen für eine Exekution sämtliche Organe des Bundes oder der Länder einschließlich des Bundesheeres einsetzen. Sinnvoll könnte der Einsatz von Datenforensikern sein, um die Streitigkeiten zu beenden.
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