Neos sagen Nein zu Hankes Helmpflicht

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„Eine Pflicht ist nicht argumentierbar“, sagt der pinke Verkehrssprecher Dominik Oberhofer. Die ÖVP will Verhandlungen nicht vorgreifen.

Vergangenen Sonntag machte Verkehrsminister Peter Hanke (SPÖ) einige Ansagen, was er im Straßenverkehr künftig anders regeln will. Genauer gesagt: bei den Zweirädern.

Geht es nach Hanke, wird es künftig eine Helmpflicht für die Benutzer von E-Bikes, E-Scootern und E-Mopeds geben. Wobei die Begrifflichkeit nicht stimmt: Gemeint sind nicht E-Bikes, sondern Pedelecs, bei denen in die Pedale getreten werden muss, damit der E-Motor unterstützt. Bei einem E-Bike kann der Motor nach Belieben zugeschaltet werden, diese sind selten.

Zurück zu Hankes Helmpflicht: „Ich möchte, dass der Helm zur Normalität wird, damit der Kopf geschützt wird“, erklärte der Verkehrsminister. 76 Prozent, zitiert er Studien, würden ohnehin bereits mit Helm unterwegs sein. Der Minister schränkte sogleich ein: Für normale, also rein muskelbetriebene Fahrräder, fordert er keine Helmpflicht: „Nein, da sollte ein Freiraum bleiben, wenn es langsamer zugeht, sollte die Chance da sein.“

„Diskussionen führen“

Hanke ist sich offenbar bewusst, dass seine Forderung nicht im Koalitionspakt mit der ÖVP und den Neos abgebildet ist: „Leider Gottes werde ich dazu jetzt Diskussionen zu führen haben. Mein Vorschlag liegt auf dem Tisch, ich möchte das haben, ich möchte das umsetzen.“

Hanke hat vorab nicht mit den Koalitionspartnern abgeklärt, wie das dort gesehen wird. Im Koalitionsvertrag von ÖVP, SPÖ und Neos ist von einer Helmpflicht keine Rede. Auf KURIER-Nachfrage in den Parlamentsklubs von ÖVP und Neos war schnell klar: Das wird eher nichts.

„Eine generelle Helmpflicht für E-Biker sehen wir sehr kritisch, weil ja auch E-Bikes ab 25 km/h auf Muskelkraft gedrosselt werden und daher motorgestützt nicht in kritische Geschwindigkeitsbereiche kommen, in denen eine Pflicht argumentierbar wäre“, erklärt der Neos-Verkehrssprecher im Parlament, Dominik Oberhofer.

Ähnlich sieht der Abgeordnete die Frage Helmpflicht auch bei E-Scootern, er berichtet zwar von „besonders emotional“ geführten Diskussionen: „Faktum ist: die E-Scooter ergänzen die Mobilität in der Stadt hervorragend, vor allem bei der sogenannten ,letzten Meile‘. Gerade die Stadt Wien hat in den vergangenen Jahren massive Regularien eingeführt, um den Verkehrsfluss sicherer zu gestalten. Eine generelle Helmpflicht stellt aber das Verleih-System vor unfassbare Probleme. In jenen Städten, in denen eine Helmpflicht für Scooter eingeführt wurde, hat das zu einem drastischen Angebotsrückgang geführt und zusätzlich die Exekutive sehr gefordert.“

Der Verkehrssprecher der Volkspartei, Joachim Schnabel, ist gegenüber dem KURIER zurückhaltender: „Derzeit befinden wir uns in einem Verhandlungsprozess, um eine bestmögliche Lösung zu finden, und wollen daher etwaigen Gesprächen nicht vorgreifen.“ Beim Thema Helmpflicht sei entscheidend, die Freiheit des Einzelnen mit den Vorsorgepflichten des Staates in Einklang zu bringen: Aber: „Gerade der starke Anstieg der Kopfverletzungen bei E-Scooter-Fahrern sollte für alle ein Grund zur Sorge sein. “

Mehr E-Bikes als Biobikes

Das E-Bike gilt längst als Wachstumstreiber der Fahrradbranche, berichtet die Wirtschaftskammer. „Bereits vor zwei Jahren wurden in Österreich erstmals mehr Fahrräder mit Elektromotor als herkömmliche Modelle verkauft – ein Trend, der anhält“, wird Günther Rossmanith, Obmann des Einzelhandels mit Mode- und Freizeitartikeln auf der Homepage der Wirtschaftskammer Wien zitiert.

Inzwischen machen E-Bikes mehr als die Hälfte der Neufahrräder aus: 75 Prozent des Umsatzes werden mit E-Bikes erzielt, nur 25 Prozent mit klassischen Fahrrädern ohne elektrischen Antrieb.

Derzeit gilt in keinem der anderen 26 EU-Staaten eine allgemeine Helmpflicht für Fahrräder, auch nicht nur für E-Bikes. Und auch die heimischen Fahrrad-Verbände wie die ARGE Fahrrad oder der VCÖ sind skeptisch: „Die ARGE Fahrrad unterstützt das freiwillige Tragen von Helmen ausdrücklich. Eine gesetzliche Helmpflicht für E-Bikes lehnen wir jedoch ab“, heißt es in einer Aussendung der ARGE Fahrrad.

Internationale Erfahrungen würden zeigen, dass eine Pflicht die Radnutzung massiv reduzieren würde, die Klimaziele gefährde und Sharing-Modelle schwäche. Verkehrssicherheit würde vielmehr durch eine bessere Infrastruktur, niedrigere Tempolimits und Bewusstsseinsarbeit erhöht, wird argumentiert.

Ähnlich sieht das der Verkehrsclub Österreich, entscheidender Faktor sei die Infrastruktur, eine Helmpflicht verhindere keine Unfälle.

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