NEOS, Männer, Piraten: Acht Parteien wollen VP-Mehrheit brechen
Seit 1945 hat in Vorarlberg nie eine andere Partei als die ÖVP die meisten Stimmen erhalten. Am 21. September treten acht Gruppierungen an, um das zu ändern und das „schwarze Kernland“ für sich zu erobern: Neben „Traditionalisten“ wie SPÖ und FPÖ sind in der Riege der Kontrahenten auch Neulinge wie die NEOS oder die Männerpartei zu finden.
Die besten Chancen, die Mehrheit der Schwarzen anzuknabbern, haben dabei am ehesten die NEOS, die mit ihrer – zumindest ehemaligen - Nähe zur VP ja nicht gerade hinterm Berg halten. Aber auch die Grünen, mittlerweile eine beliebte Alternative für liberale Schwarze, könnten sich zu einer kleinen Bedrohung für die VP auswachsen.
Im Zentrum dieser gerade beginnenden Wahlschlacht im Westen steht Markus Wallner. Der amtierende Vorarlberger Landeshauptmann hat sich in seiner jetzigen Funktion schließlich noch nie dem Bürgervotum stellen müssen: Er übernahm 2011 das Amt von Herbert Sausgruber, der beendete seine politische Karriere bekanntlich nach der Hälfte der Legislaturperiode. Damals konnte sich der heute 47-Jährige auf den Lorbeeren seines Vorgängers ausruhen: Der hatte für die Volkspartei zwei Jahre zuvor die Absolute mit 50,79 Prozent geholt.
Gegenwind für die VP
Seither ist allerdings viel passiert. Zum einen diverse Personalrochaden innerhalb der VP, die nicht nur positive Anlässe hatten – eine Alkofahrt von Gesundheitslandesrat Roland Frühstück oder die „Schwarzgeld-Causa“ um Ex-Sportlandesrat Siegi Stemer kratzten am Image der Partei des Landesvaters; zum anderen kam mit den NEOS eine Partei auf den Wählermarkt, die auf die selbe Zielgruppe schielt wie die VP.
Dass die NEOS das Zeug haben, einige Mandate aus dem VP-Pool zu klauen, haben sie bei der Nationalratswahl mit knapp über 13 Prozent und bei der EU-Wahl mit 14,9 Prozent der Vorarlberger Stimmen gezeigt. Jetzt strebt man nicht nur einen Einzug in den Landtag, sondern gleich eine Regierungsbeteiligung an – sollte man die Absolute der VP brechen. Dass dies mehr als möglich ist, glaubt nicht nur Bundesparteichef Matthias Strolz – und dass er aus dem Ländle kommt, tut der NEOS-Aufwärtsbewegung sicherlich auch keinen Abbruch.
Koalitionsfrage
Wie ernst zu nehmen diese Bedrohung für Wallner und sein Wahlkampfteam ist, hat die Wahl des Ortes der Wahlkampf-Auftaktveranstaltung der VP gezeigt: Montagabend hat man die Stimmenschlacht im Bregenzerwald eingeläutet – in einer Region, in der NEOS bereits höchst erfolgreich im VP-Wasser gefischt haben. Den Teufel an die Wand malen will aber dennoch niemand: Wallner bleibt bei jeder Nachfrage, was sein Wahlziel angeht, schwammig – er wünscht sich schlicht einen "möglichst klaren Auftrag". Welche Koalition für ihn denkbar sei, lässt er unerwähnt.
Ob die FP infrage kommt, mit der die Zusammenarbeit 2009 wegen des „Exiljuden-Sagers“ des auch heuer wieder kandidierenden Parteichefs Dieter Egger aufgekündigt worden war, steht also in den Sternen. Egger selbst sieht dafür durchaus Möglichkeiten: Er will zu seinen 2009 erzielten 25,1 Prozent noch ein paar weitere addieren und als Koalitionspartner zurück ins Landhaus.
Ins Landhaus und in die Regierung drängen auch die Grünen – sie werden dabei sicherlich im Terrain der Schwarzen grasen, befindet sich die Vorarlberger Landesgruppe ja gerade im Höhenflug: Bei der EU-Wahl konnten die Grünen überraschend um mehr als zehn Prozentpunkte zulegen und kamen auf knapp ein Viertel der Stimmen.
Schicksalswahl
So viele werden es am 21. September zwar nicht werden – zuletzt hielt man bei 10,58 Prozentpunkten -, aber immerhin verspricht sich Frontmann Johannes Rauch Zugewinne. Mit diesen kann die SP indessen weniger rechnen – für die Sozialdemokratie ist noch nicht mal klar, ob sie den Klubstatus mit drei Mandaten wird halten können. Nach ihrer Wahlniederlage 2009 – damals stürzte die SP von 16,9 auf 10,02 Prozent ab und fiel auf den vierten Rang – wird dies also eine Schicksalswahl für die ohnehin traditionell schwache SP.
Ebenso mit einem gewissen Fatalismus gerüstet müssen die Kleinparteien in die Wahl gehen: Ihnen werden keine besonders guten Chancen auf einen Einzug prognostiziert. Inhaltlich zeigen sich die Listen bunt – wenngleich ein gewisser Hang zum Konservativen durchscheint: Neben den liberalen Piraten treten nämlich die Christliche Partei Österreichs (CPÖ), die Liste "WIR-Plattform für Familien" und auch die Männerpartei an. Das Thema letzterer ist übrigens hauptsächlich die „Benachteiligung der Männer“.
Wer für wen ins Rennen geht
Die Wahlkampfbudgets liegen - nach Angaben der Parteien - in einer Spannbreite zwischen 200.000 und über einer Million Euro: Die FPÖ pulvert rund 500.000 Euro in den Wahlkampf, die SPÖ hat rund 400.000 Euro für Wahlwerbung zur Verfügung, die Grünen legen etwa 340.000 Euro aus. Um die 200.000 Euro haben die NEOS eingeplant.
Bedeckt, was das Wahlkampfbudget betrifft, hält sich nur die ÖVP. Grünen-Landessprecher Johannes Rauch sprach in der letzten Landtagssitzung vor der Sommerpause aber ausgehend von bisher geschalteten Inseraten hochgerechnet von rund einer Million Euro.
Der Landtag in Vorarlberg wird alle fünf Jahre gewählt - und dank der stabilen ÖVP-Mehrheit (nur 1999 verpasste sie die Absolute) wurden alle Legislaturperioden voll durchgedient. Der Wahltag ist bloß ein wenig nach vorne gerutscht, von ursprünglich Oktober auf - seit 1994 - rund um den 20. September. Zu küren haben die Vorarlberger seit 1959 36 Landesabgeordnete, vorher waren es 26.
Der höchste bzw. niedrigste Stimmenanteil der Landtagsparteien:
- ÖVP 70,22 Prozent/1945 - 45,76 Prozent/1999
- SPÖ 29,54 Prozent/1964 - 10,02 Prozent/2009
- FPÖ 27,41 Prozent/1999 - 10,49 Prozent/1984
- GRÜNE 13,00 Prozent/1984 - 5,18 Prozent/1989
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