300.000 Euro verblasen? Was aus Schramböcks Standortstrategie wurde

300.000 Euro verblasen? Was aus Schramböcks Standortstrategie wurde
Das Projekt startete 2021, die Ergebnisse wurden nie veröffentlicht. Das sei "völlig inakzeptabel", sagt Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker.

Fehlende Ambitionen konnte man der ehemaligen Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) während ihrer Amtszeit nicht vorwerfen. Mit der heimischen E-Commerce-Plattform "Kaufhaus Österreich" wollte sie Amazon Konkurrenz machen. Und mit dem Projekt "Chancenreich Österreich" sollte das Land bis 2040 zu einem der "Top 10 Wirtschaftsstandorte der Welt" aufsteigen.

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An der Umsetzung haperte es jedoch. Wer im Kaufhaus Österreich einen Suchbegriff eingab, fand zumeist etwas anderes. Im Juni 2022 wurde das Projekt – rund eine Million Euro teuer – nach eineinhalb Jahren eingestampft. Und was wurde aus der Standortstrategie? Sie startete im Herbst 2021 als Bundesländertour mit Experten und Unternehmern, die in Arbeitsgruppen eine Strategie austüfteln sollten.

Seit Mai 2022 "unterbrochen"

Das Projekt hat zwar rund 300.000 Euro gekostet, wurde aber offensichtlich ohne konkretes Ergebnis beendet. Das geht aus einer parlamentarischen Anfrage von Neos-Wirtschaftssprecher Gerald Loacker an Schramböcks Nachfolger Martin Kocher (ÖVP) hervor, die dem KURIER vorliegt.

Aber warum? Im Mai 2022 wurde das Arbeits- und Wirtschaftsministerium unter Kocher zusammengeführt. Etwa drei Monate zuvor startete Russlands Angriffskrieg auf die Ukraine. Wie auch in der parlamentarischen Anfrage, erklärt das Ministerium gegenüber dem KURIER: Die Standortstrategie sei "aufgrund geopolitischer Veränderungen, die offensichtlich eine Neubewertung der österreichischen Standortziele notwendig machen, unterbrochen" worden. 

Was unbeantwortet bleibt: Wann bzw. ob überhaupt noch Ergebnisse präsentiert werden sollen.

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Loacker fordert Veröffentlichung

Laut Kocher war das Projekt dennoch nicht vergebens. Viele Erkenntnisse aus der Standortstrategie seien "umgesetzt" worden oder befänden sich "in laufender Umsetzung". Der Minister nennt in der Beantwortung der parlamentarischen Anfrage etwa Maßnahmen im Bereich der Halbleitertechnologie oder Energiepartnerschaften als Beispiele. "Auch die Klima-und Transformationsoffensive der Bundesregierung fußt unter anderem auf Erkenntnissen der Standortstrategie."

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Loacker will das nicht gelten lassen: "Dass Kocher jetzt anscheinend nicht einmal vorhat, die Ergebnisse zu veröffentlichen, ist völlig inakzeptabel. Immerhin haben die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler 300.000 Euro für die ausgearbeiteten Handlungsempfehlungen, Thesenpapiere und Zusammenfassungen der Arbeitsgruppenergebnisse gezahlt." 

Die Neos verweisen auf Artikel 20 des Bundes-Verfassungsgesetzes, wonach Kocher der Veröffentlichungspflicht unterliege und dieser auch "unverzüglich" nachkommen müsse. Kocher wolle ein "weiteres teures Schramböck-Projekt heimlich begraben", meint Loacker.

Wofür wurden überhaupt 300.000 Euro ausgegeben?

Wer das Geld erhalten hat, ist jedenfalls kein Geheimnis:

  • Die größte Summe, rund 155.000 Euro, floss laut Wirtschaftsministerium an die Unternehmensberatung McKinsey. Dafür sollten Wertschöpfungssystem ausgearbeitet, bewertet und Handlungsempfehlungen abgeleitet werden.
  • Mit Contrast Ernst & Young erhielt ein weiteres Beratungsunternehmen 114.000 Euro – für die "Prozessbegleitung" der Standortstrategie. 
  • Die Marketing-Experten von Identifire kümmerten sich für rund 35.000 Euro um die "grafische Aufbereitung des Zukunftbilds des Wirtschaftsstandorts inklusive Slogan, Storytelling und Logo".
  • An den Wiener Unternehmensberater Zukunftsinstitut gingen 18.000 Euro für "Recherchen und Analysen zu aktuellen Megatrends".

Eine durchdachte Standortstrategie sei eigentlich "bitter nötig" bedauert Loacker. Schramböck dürfte das vor rund drei Jahren ganz ähnlich bewertet haben. So liest man auf der Website der Standortstrategie, die nach wie vor online ist: "Im europäischen Vergleich erkennt man, dass das österreichische Wirtschaftswachstum seit 2012 schwächer wird." Vor allem bei der Digitalisierung und Automatisierung hinke Österreich hinterher.

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