Nehammer in Serbien: EU-Beitrittsprozess beschleunigen

Bundeskanzler Nehammer und die serbische Ministerpräsidentin Brnabic
Serbische Regierungschefin zu Ukraine: Sanktionen sind nicht die Lösung. Kanzler zeigt Verständnis, dass Belgrad Russland-Sanktionen nicht mitträgt.

Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) fordert wegen einer befürchteten Destabilisierung des Westbalkans durch Russland eine Beschleunigung des EU-Beitrittsprozesses für die Region. "Wir können sie nicht jemandem anderen überlassen", sagte er am Donnerstag bei einem Besuch in Serbien mit Blick auf Russland und China. Die serbische Regierungschefin Ana Brnabic bemühte sich, Sorgen vor neuen Spannungen in der Region zu zerstreuen. Seine Haltung zu Moskau will Belgrad nicht ändern.

"Serbien wird am Balkan weiter die Rolle als Stabilitätsfaktor und Exporteur für den Frieden haben", betonte Brnabic bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Nehammer in Belgrad. Die EU könne vollständig mit Serbien rechnen: "Wir werden nicht zulassen, dass irgendeine Instabilität in der Region passiert." Dass sich Serbien den Sanktionen gegen Russland nicht angeschlossen hat, begründete die serbische Regierungschefin damit, dass Serbien 1999 einen NATO-Angriff erlebt und selbst unter Sanktionen gelitten habe. "Wir sehen Sanktionen nicht als Lösung in dem Konflikt."

"Wir verurteilen den Verstoß gegen die territoriale Integrität der Ukraine, aber wir wollen keine Sanktionen", betonte Brnabic. Diese Position werde weder in der EU noch in Russland begrüßt, "aber wir bestehen trotz des Drucks auf unseren Prinzipien".

Nehammer zeigte Verständnis für die Haltung Serbiens. Das Land sei selbst gezeichnet von Sanktionen und die Wirtschaft wachse erst langsam, "daher sind alle Maßnahmen, die sie zusätzlich beschränken, für sie einfach nicht durchführbar". Anderseits würden die Sanktionen automatisch mitgetragen, weil Serbien ein wichtiger Handelspartner Österreichs sei.

"Brückenbauer" für Serbien in die EU

Bei den Beitrittsverhandlungen müsse auch die EU ihre "Hausaufgaben machen, damit der Prozess beschleunigt wird", so der Kanzler. Aus Sicht Österreichs sei es wichtig, "dass wir an der Seite Serbiens stehen als Brückenbauer in die Europäische Union hinein, weil Serbien ein wichtiger geostrategischer und geopolitischer Partner ist".

Die Sorge ist derzeit groß, dass der Krieg in der Ukraine zu neuen Spannungen am Westbalkan führen könnte. Der russische Einfluss ist besonders in Serbien und im serbischen Landesteil von Bosnien-Herzegowina groß.

Weiterreise nach Bosnien und in den Kosovo

In der serbischen Hauptstadt trifft Nehammer am Donnerstag auch Präsident Aleksandar Vucic, Innenminister Aleksandar Vulin und den serbisch-orthodoxen Patriarchen Porfirije. Serbien ist die erste Station der zweitägigen Reise des Bundeskanzlers auf den Westbalkan. Am Donnerstagabend reist Nehammer in das Nachbarland Bosnien-Herzegowina weiter und wird am Freitag auch dort Gespräche mit den politischen Spitzenvertretern führen. Am Freitagnachmittag stattet der Bundeskanzler auch dem Kosovo einen Kurzbesuch ab.

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